zum Hauptinhalt
Der Schrecken Europas. Alexis Tsipras will die Bedingungen für Griechenlands Sanierung neu verhandeln. Die Bundesregierung schiebt dem schon jetzt einen Riegel vor.

© dpa

Griechenland: SPD warnt vor Euro-Austritt Athens

Der SPD-Finanzpolitiker Carsten Schneider hält eine Rückkehr Griechenlands zur Drachme für „abenteuerlich“. In der Bundesregierung und in der Union sehen viele ein solches Szenario mit weniger Sorge.

Von Antje Sirleschtov

Ein mögliches Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone und die Folgen für Europa haben eine neuerliche Diskussion über die Europolitik ausgelöst. Während Befürworter einer Trennung die Auswirkungen für die übrigen Euro-Länder kleinreden, warnen Gegner davor, ein solcher Schritt könne zu einem erneuten und womöglich noch heftigeren Ausbruch der Euro-Krise führen.

Auslöser der Diskussion sind Berichte darüber, dass sowohl Kanzlerin Angela Merkel als auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) ihre harte Haltung gegenüber der Sparpolitik der Griechen nicht aufgeben wollen. Unter Berufung auf Regierungskreise berichtet der „Spiegel“, Merkel und Schäuble würden im Fall eines Wahlsiegs des Linksbündnisses Syriza in Griechenland am 25. Januar eher einen Austritt des Landes aus der Euro-Zone in Kauf nehmen, als Zugeständnisse in der Sparpolitik machen. Die Regierung dementierte diese Darstellung nicht. Ein Regierungssprecher sagte lediglich, die Bundesregierung gehe davon aus, „dass Griechenland auch weiterhin seine vertraglichen Vereinbarungen gegenüber der Troika erfüllen wird“ und ergänzte später: „Es gibt keine Kursänderung“. AfD-Sprecher Bernd Lucke, sagte zu den Berichten, er begrüße die „späte Einsicht“ der Regierung

Die Opposition, aber auch SPD-Politiker warnen nun davor, über den Austritt der Griechen zu spekulieren und fordern Merkel zur Klarstellung auf. „Ein Austritt der Griechen wäre abenteuerlich“, sagte der SPD-Finanzpolitiker und stellvertretende Fraktionschef Carsten Schneider dem Tagesspiegel. Allein der Bundeshaushalt wäre durch einen solchen Schritt mit Kreditzahlungen von 80 Milliarden Euro belastet. Die Zahlungen würden fällig, weil der Bund für Kredite bürgt, die die Südeuropäer nicht mehr bedienen könnten, wenn sie zur ehemaligen Landeswährung Drachme zurückkehren. Auch für die Stabilität in anderen Euro-Ländern und für den Euro sei ein Austritt der Griechen „sehr gefährlich“.

Ausdrücklich widersprach Schneider der Auffassung, dass Europa, anders als 2012, ein Ausscheiden der Griechen verkraften könnte. Mit dem Argument, dieser Schritt würde andere südeuropäische Länder und am Ende die ganze Euro-Zone belasten, hatte die deutsche Regierung zu Beginn der Krise den Verbleib der Griechen als alternativlos bezeichnet. Dass sich an dieser Lage seither grundsätzlich etwas geändert habe, bezweifelt der SPD-Politiker Schneider. Sollte sich eine neue griechische Regierung zwischen der Fortsetzung des Sparkurses und dem Austritt entscheiden müssen, werde das zu einer Verunsicherung der gesamten Euro-Zone führen. „Das ist keine Option“, stellte Schneider klar, mahnte allerdings zugleich die Griechen, die bestehenden Verträge mit den Gläubigern einzuhalten.

In der Union wird ein möglicher Austritt der Griechen hingegen gelassener gesehen. Ein solcher Schritt habe seine „Dimension verloren“ sagte der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach, es gebe „kaum noch Ansteckungsgefahr“.

Die Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Gesine Lötzsch (Linke), warnte vor einer Debatte um einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. "Das ist eine Diskussion, mit der vor allem Druck auf die griechischen Wähler ausgeübt werden soll, nicht die Linkspartei Syriza zu wählen", sagte Lötzsch. Das sei "mindestens fahrlässig". Griechenland müsse "frei wählen, ob es weiter dem von Merkel verordneten Selbstzerstörungskurs folgen will, oder einen neuen Weg mit einer Linksregierung gehen will". Lötzsch warnte: Der so genannte "Grexit" hätte heute keine anderen Folgen als vor zwei Jahren. Der einzige Unterschied wäre, dass jetzt die ganze Rechnung beim Steuerzahler landen würde, weil die Spekulanten sich von den Risikopapieren getrennt hätten.

In Athen findet am 25. Januar eine vorgezogene Parlamentswahl statt, nachdem Ende Dezember die Wahl eines neues Staatschefs im Parlament scheiterte. In Umfragen liegt Syriza, die bereits bei der Europawahl im Mai stärkste Kraft im Land geworden war, vor den Konservativen. Syriza-Chef Alexis Tsipras will die von Griechenlands Gläubigern verordnete Sparpolitik beenden und dazu die Vereinbarungen mit den internationalen Kreditgebern ändern. Ob sich Gläubiger jedoch darauf einlassen, die Rückzahlung der Kredite zu strecken, ist unklar. Zuletzt hatte es immer wieder Kritik an der Einhaltung der Reformversprechen der Griechen im Gegenzug zu den Finanzhilfen gegeben.

Noch völlig unklar ist, ob Syriza Ende Januar die für einen Kurswechsel erforderliche Stimmenzahl bekommen wird. Am Wochenende hat der ehemalige Ministerpräsident Giorgos Papandreou, der einst das in der Bevölkerung unpopuläre Hilfspaket ausgehandelt hatte, das Griechenland vor dem Bankrott bewahrte, seine neue Partei „Bewegung der demokratischen Sozialisten“ vorgestellt. Papandreou wird zugetraut, bei der Wahl ein Ergebnis zu erzielen, das die Pläne von Alexis Tsipras durchkreuzt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false