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Politik: Sperre in der Drehtür

Der EU-Korruptionsbericht sieht schnelle Wechsel von der Politik in die Wirtschaft kritisch Bisher noch keine Vorschläge aus den Fraktionen für Umgang mit Fällen wie Klaeden und Pofalla.

Berlin - Die EU-Kommission hat in ihrem ersten Korruptionsbericht der Bundesrepublik ein gutes Zeugnis ausgestellt – freilich nicht ohne Einschränkungen. Denn die Kommission erwähnt kritisch ausgerechnet mehrere Punkte, die seit einiger Zeit problematisch sind und möglicherweise auch nicht schnell zu lösen.

Da ist zum einen die fehlende Karenzzeitregelung. Gleich zwei prominente Fälle hatten in den vergangenen Monaten die Debatte um die Frage belebt, ob ein Politiker ohne Übergangsfrist in die Wirtschaft wechseln darf. Staatsminister Eckart von Klaeden hatte beim Autokonzern Daimler angeheuert und nach der Kabinettsbildung ging es um Ronald Pofalla (beide CDU). Der ehemalige Kanzleramtschef will in den Vorstand der Deutschen Bahn wechseln, was auch in seiner eigenen Partei auf viel Kritik stieß. Die EU-Kommission mahnte nun an, Mittel gegen diesen „Drehtür-Effekt“ zu finden.

Die Bundesregierung ist hier am Zug. Nur wie soll eine Regelung aussehen? SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hatte vor einigen Tagen eine gesetzliche Regelung ins Spiel gebracht und 18 Monate Übergangszeit für angemessen erklärt. Allerdings verwies er dabei schon auf Bedenken in der Union und nannte zwölf Monate einen guten Kompromiss.

Aber selbst in der SPD sind nicht alle von einer Gesetzeslösung überzeugt, weil sie deutlich komplizierter wäre als eine Art Selbstverpflichtung. Christian Lange (SPD), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustiz- und Verbraucherschutzministerium, favorisiert eher eine Art Ehrenkodex. Der von der Kommission kritisierte Mangel an Regeln zur Vermeidung von Interessenskonflikten zwischen Politik und Wirtschaft sollte seiner Meinung nach auf jeden Fall rasch angegangen werden. „Nur ist hier aus meiner Sicht eine Selbstverpflichtung von 18 Monaten sinnvoller als ein Gesetz, weil dies leichter umzusetzen ist und keine langwierigen und am Ende für den Staat kostspieligen juristischen Auseinandersetzungen nach sich zieht“, sagte Lange dem Tagesspiegel. Kostspielig wird es bei einem Gesetz möglicherweise auch dadurch, dass Politiker dann nach einem Ausscheiden in der Übergangszeit weiter vom Staat bezahlt werden müssten.

In der Hand des Parlaments und damit der Fraktionen liegt wiederum das Thema Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung. Zwar hat die Bundesrepublik die Anti-Korruptions-Konvention der Vereinten Nationen im Jahr 2003 unterschrieben, ratifiziert ist sie aber bis heute nicht. Schon mehrfach gab es den Versuch, das Gesetz zu verschärfen, doch in der vergangenen Legislaturperiode blockierten Union und FDP entsprechende Versuche.

Siegfried Kauder (CDU), der ehemalige Vorsitzende des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag, versuchte es im Alleingang gegen seine Partei. Doch Kauder hat sich nicht nur wegen dieser Frage mit der CDU überworfen und ist nun kein Parteimitglied mehr. Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) unterbreitete einen eigenen Vorschlag. Er regte an, den Paragrafen 108e im Strafgesetzbuch über die Bestechung von Abgeordneten zu verschärfen. Bisher ist lediglich Kauf von Stimmen bei Wahlen oder Parlamentsabstimmungen strafbar; Lammert wollte den Paragrafen um Vorteilsnahme erweitern. Doch auch er scheiterte. Problematisch ist aus Sicht einiger Juristen, dass es anders als in Deutschland in der UN-Konvention keine Unterscheidung von Amts- und Mandatsträgern gibt.

Abgeordnete sind demnach Mandats-, keine Amtsträger. Für Amtsträger gibt es schärfere Regeln. Mandatsträger aber, so die Begründung, können keine Einzelfallentscheidungen treffen, sondern immer nur Gesetze allgemeiner Art beschließen, was sie weniger anfällig für Korruption mache. Allerdings kritisierte auch der Bundesgerichtshof den Paragrafen 108e schon vor Jahren als „praktisch bedeutungslose symbolische Gesetzgebung“. SPD und Union haben sich im Koalitionsvertrag nun auf die Formel „Wir werden die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung neu regeln“ verständigt. Passiert ist aber, so ist in den Fraktionen zu hören, noch nichts.

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