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Politik: Spiegel: Juden lassen sich nie wieder beleidigen Warnung vor Antisemitismus am Jahrestag des Ghetto-Aufstandes

Berlin . Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, hat die Wehrhaftigkeit der Juden in aller Welt betont.

Berlin . Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, hat die Wehrhaftigkeit der Juden in aller Welt betont. „Jede Zeit, jede Bedrohung verlangt ihre Form der Bekämpfung. Dieser ist eines stets gemeinsam: der Widerstand, der Widerspruch, lautstark und deutlich, ohne Kompromisse", sagte Spiegel am Dienstag in Berlin anlässlich des 60. Jahrestages des Aufstandes im Warschauer Ghetto. An der Veranstaltung nahmen auch Außenminister Joschka Fischer, Familienministerin Renate Schmidt und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit teil.

Zu den Lehren aus dem Kampf gegen die deutschen Besatzer im Jahr 1943 gehöre, dass jedes Schweigen, jedes Zurückweichen vor Angriffen gegen Juden einen Verrat an den Aufständischen von damals bedeuten würde, sagte Spiegel weiter. „Indem wir uns nie wieder freiwillig belästigen, benachteiligen, beleidigen, angreifen, prügeln, vertreiben, töten, vergasen lassen, beweisen wir der Welt, dass wir Juden sind und das Erbe unserer Vorfahren weiterhin wie eine leuchtende Fackel vor uns hertragen.“

Spiegel warnte in seiner Gedenkrede davor, die gegenwärtigen Lebensumstände für Juden in Europa schlecht zu reden. Der 65-Jährige wies aber auch darauf hin, dass ein Anwachsen antisemitischer Übergriffe zu verzeichnen sei. „Wir müssen zusehen, wie sich immer mehr antijüdisches Gedankengut in der Mitte der Gesellschaften breit machen darf und kann." Er kritisierte in diesem Zusammenhang „Politiker, die immer wieder abwiegeln, die die Gefahr schönreden wollen, die den Mund halten“. Noch nie seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges fühlten sich Juden in Europa seiner Ansicht nach so verunsichert.

Der Zentralratspräsident wandte sich erneut gegen „von Unkenntnis zeugende Vergleiche" zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. „Es gibt nichts, was ein palästinensischer Selbstmordattentäter mit einem kämpfenden Juden im Ghetto gemein hat. Der eine wirft sein Leben weg, der andere kämpft um sein Leben, um sein Recht als freier Mensch." Ein grundlegender Unterschied zwischen beiden sei auch die Hoffnung. „So trostlos die Situation des palästinensischen Volkes sein mag, sie haben immer noch Hoffnung auf ein besseres Leben, selbst wenn dieses Leben erst eines Tages, in ferner Zukunft sein mag." Die Juden in Warschau hätten diese Aussicht schon längst vor ihrem Aufstand nicht mehr gehabt, erklärte Spiegel weiter.

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