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Foto: Markus Schreiber/dapd

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CSU: Spruch statt Bruch

Horst Seehofer und seine CSU verharren im Tief – also suchen sie die Konfrontation mit Berlin. Aber die letzte Konsequenz müssen sie scheuen.

Horst Seehofer schwant Böses. Den Brüsseler Schuldenbeschluss von vergangener Woche, den Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mitträgt, sieht der bayerische Ministerpräsident als Versuch einiger Euro-Länder, die Stabilitätskriterien aufzuweichen. Und so schreibt der CSU-Chef auf der Homepage seiner Partei: „Welcher Bürger soll das noch verstehen?“ So wird die CSU, angetrieben von Seehofer, wieder einmal zur regierungsinternen Opposition. Die zeitliche Distanz zwischen den Drohungen aus München, das Berliner Bündnis platzen zu lassen, wird immer geringer – erst kürzlich wollte Seehofer Steuersenkungen durchsetzen, dann ging es ihm ums Betreuungsgeld, nun sind die Beschlüsse zur Rettung der klammen Länder Italien und Spanien an der Reihe. Danach streitet er kleinlich darum, welche Formulierungen er verwendet hat und ob das Wort vom „Koalitionsbruch“ gefallen ist oder nicht.

Seehofer und die CSU steuern in die Krise. Oder sind sie schon längst mittendrin? Für Erheiterung in München hat jüngst Seehofers Ankündigung gesorgt, er werde, wenn die Christsozialen denn die Landtagswahl im September 2013 verlieren sollten, auch den Oppositionschef im Landtag geben. Das war als Angriff auf SPD-Herausforderer Christian Ude gemeint. Denn dieser sagt, dass er Ministerpräsident werden würde, aber nicht für die Oppositionsarbeit zur Verfügung steht. Dafür brauche die Landespartei ihn nicht. Gleiches aber gilt auch für Seehofer. Verliert er die Wahl, dann dürfte es nicht Tage, sondern nur Stunden dauern, bis ihn die CSU, angeführt von den ehrgeizigen Möchtegern- Nachfolgern, aufs politische Altenteil katapultiert hat. Es ist übrigens seine erste Landtagswahl als Ministerpräsident.

Seit Ude, der langjährige Münchner Oberbürgermeister, angekündigt hat, sich in die Landespolitik zu mischen, werden Wahlumfragen in Bayern wieder spannender. Die Chance auf eine Ablösung der Dauer-Regierungspartei CSU macht den Blick auf die neuesten Zahlen zu einem immer beliebteren politischen Gesellschaftsspiel. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt kann jedoch die jüngste Forsa-Umfrage im Auftrag des „Stern“ interpretieren wie er möchte: 43 Prozent für die CSU sind ziemlich verheerend. Im Vergleich zur letzten Landtagswahl im Herbst 2008 hat sich die Partei nicht von der Stelle bewegt. Also zurück auf Start, damals waren die 43,4 Prozent und der Verlust der stets so satten absoluten Mehrheit als größte CSU-Wahlschlappe aller Zeiten angesehen worden. Die SPD hingegen befindet sich nach ihrem 18,6-Prozent-Allzeittief nun mit 23 Prozent im gemäßigten Aufwind. Grüne liegen bei elf und Freie Wähler (FW) bei neun, die Piraten würden mit sechs Prozent in den Landtag einziehen. Pulverisiert wäre die FDP mit nur zwei Prozent. Fazit: Ein Patt im Freistaat, weder der CSU noch dem Oppositionsbündnis SPD/Grüne/FW würde es reichen.

So sucht die CSU ihr Heil in verschärfter Kritik an der Berliner Koalition. Die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geplante Abschaffung der Bundesschatzbriefe etwa hat Generalsekretär Dobrindt am Donnerstag als „Irrsinn“ bezeichnet. Seehofer spürt, dass er sich das immer weitere Nachgeben bei immer neuen Euro-Rettungsbeschlüssen nicht mehr lange leisten kann. Der Unmut an der CSU-Basis wächst. Euro-Kritiker Peter Gauweiler aus der eigenen Partei wird bei seinen Festzeltauftritten allmählich zum Star, der zur Höchstform aufläuft. Bei den Freien Wählern wiederum scheint deren neuer und oftmals verspotteter Kurs gegen die Euro-Rettungsschirme erste Erfolge zu zeigen. Kürzlich lag die Partei von Hubert Aiwanger bei sechs Prozent, jetzt sind es drei Punkte mehr. Seehofer geht in letzter Zeit auffallend pfleglich mit Aiwangers Truppe um. Der wiederum hält sich für die Zeit nach der Wahl alle Optionen offen, wenngleich er mehr Sympathie für Ude als für Seehofer zeigt.

Es gibt Beobachter, die Seehofer als einen nur auf sich fixierten Machtmenschen sehen, der noch viele offene Rechnungen im Kopf hat. Die These lautet, dass es für ihn der größte Triumph wäre, wenn Angela Merkel 2013 abgewählt würde und er im Freistaat weiterregieren könnte. Etwa mit Aiwanger, dann könnte man gegen eine neue Bundesregierung erst so richtig Anti-Euro-Opposition machen.

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