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Politik: Sri Lankas Regierungstruppen nehmen Rebellenhauptstadt ein

Präsident verkündet Sieg über die Tamilentiger. Experten glauben jedoch noch nicht, dass diese den Kampf nun aufgeben werden

Berlin - Diese Nachricht hat er keinem anderen überlassen. Nachmittags um 16 Uhr verkündete Sri Lankas Präsident Mahinda Rajapaksa am Freitag in einer landesweit übertragenen Fernsehansprache einen „beispiellosen Sieg“: Die Regierungsarmee habe die Hauptstadt der seit 1983 für einen eigenen Staat kämpfenden Tamilentiger (LTTE), Kilinochchi, im Norden der Insel eingenommen. Für Rajapaksa, dessen Regierung den Waffenstillstand von 2002 vor einem Jahr aufgekündigt hatte, ist das mehr als nur eine Genugtuung, für die LTTE eine schwere Niederlage. Beobachter sind allerdings skeptisch, sie vermuten, der Sieg könne vor allem symbolischer Natur sein, nicht aber den militärischen Sieg über die Separatisten bedeuten. „Wir werden die nächsten ein, zwei Wochen abwarten müssen, ob das der große Schlag war“, sagt ein internationaler Experte in Colombo, der aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden will. Dass Kilinochchi gefallen ist, daran hatten Beobachter keinen Zweifel – obwohl es praktisch keine unabhängigen Informationen aus dem Sperrgebiet gibt. Schon vor Monaten mussten alle internationalen Vertreter die Region verlassen.

Rajapaksa wandte sich auch direkt an die Tamilentiger. Dies sei ihre letzte Chance, die Waffen niederzulegen. In Colombo fanden sich nach Augenzeugenberichten danach an einigen Kreuzungen feiernde Demonstranten mit Fahnen ein, Böller waren zu hören. „Die Lage ist etwa wie für Bush in besseren Irakzeiten. Solange die Menschen glauben, das Terrorproblem sei militärisch zu lösen, steht die Mehrheit zur Regierung. Sobald sich das wieder hinzieht, sieht es anders aus. Es ist eine sehr zerbrechliche Unterstützung“, so der Fachmann. Nach Agenturangaben sprengte sich am frühen Abend in Colombo ein der LTTE zugerechneter Selbstmordattentäter in die Luft.

Ganz offensichtlich hat die LTTE ihre Hochburg nicht bis zum Letzten verteidigt. Offenbar wurde kein hoher Vertreter verletzt, getötet oder gefangen genommen. Auf der tamilennahen Website Tamilnet hieß es, die Regierungstruppen hätten nach heftigem Widerstand eine Geisterstadt eingenommen, die zivile Infrastruktur und die Zentrale der LTTE seien nach Nordosten verlegt worden. Allerdings ist der Handlungsspielraum der LTTE abermals kleiner geworden. Die Lage für die 250 000 bis 300 000 Zivilisten zwischen Kilinochchi und Mullaitivu hat sich zugespitzt. Von Süden her soll die Regierungsarmee bereits bis auf sechs Kilometer herangerückt sein. Bisher hat die LTTE die Menschen nicht fliehen lassen, es heißt, sie nutze sie als Schutzschild. Schätzungen zufolge sind in dem Konflikt bereits 70 000 Menschen umgekommen.

Beobachter in Colombo halten verschiedene Szenarien für möglich. Die LTTE im Norden könnte zusammenbleiben und als Guerilla weiterkämpfen, die sich gegebenenfalls überall verstecken und Anschlä ge verüben könnte, oder es gibt doch noch Verhandlungen. Eine Variante wäre, dass die Regierung nach dem Vorbild des als befreit geltenden Ostens einen LTTE-Führer zum Überlaufen bewegt.

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