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Politik: Staatsbesuch: Doktor Assad braucht Finanzspritzen

Der Besuch des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad in Deutschland wird schwierig. Die anti-semitische Äußerung Assads beim Besuchs von Papst Paul II.

Der Besuch des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad in Deutschland wird schwierig. Die anti-semitische Äußerung Assads beim Besuchs von Papst Paul II. in Syrien in Mai überschattet den Besuch, der eigentlich die Wiederaufnahme der Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern vertiefen sollte. Diese lag zehn Jahre lang auf Eis, weil man sich über die Altschulden Syriens bei der DDR nicht einigen konnte. Ende letzten Jahres hat Syrien dann zwei Drittel dieser Schulden anerkannt und damit die Bahn frei gemacht für die Kooperation. Die Entwicklungszusammenarbeit konzentriert sich auf den Umweltbereich, daneben gibt es ein Zollprojekt und die Zusammenarbeit mit deutschen Universitäten.

62 Millionen Mark wurden bereits zugesagt, weitere Hilfe wird in Form von "dept swaps" gewährt, die Syrien Teile der Zinstilgungen erläßt, wenn es in den Umweltschutz und die Minderung der Armut investiert. Im Bundesministerium für Zusammenarbeit gibt man sich optimistisch, das Interesse der Syrer an der Zusammenarbeit wird als sehr stark beschrieben. Auch habe Syrien seit einem Jahr bereits so viele Gesetze erlassen wie in den vergangenen zehn Jahren nicht, was als Zeichen dafür gewertet wird, dass Syrien ernsthaft die Voraussetzungen für eine konstruktive Zusammenarbeit schaffen will.

Doch Syrien braucht mehr. Die marode Staatswirtschaft nach sozialistischem Modell liegt am Boden und wird nur durch die Erdöleinnahmen am Leben erhalten. Gerade beim Umbau der Wirtschaft hofft man auf deutsche Hilfe, denn die Erfahrungen mit der Wiedervereinigung und der Transformation einer Staatswirtschaft in ein kapitalistisches System könnte Damaskus gut gebrauchen.

Auch das EU-Assoziationsabkommen will Syrien vorantreiben. Und natürlich will Assad ausländische Investitionen anziehen. Allerdings hat Syrien es bisher nicht geschafft, die für Investitionen nötige Transparenz zu schaffen. Kritiker des Regimes werfen ihm vor, alle Wirtschaftsreformen auf die Interessen einiger Clans und Familien zuzuschneiden. Am deutlichsten wurde die bei der Vergabe der ersten lukrativen Mobilfunklizenzen.

Auch der Wirtschaftsberater der Regierung, Nabil Sukkar, bemängelt, dass es bisher nur einzelne Maßnahmen, wie das Gesetz über die Einführung einer Börse gibt, aber noch keinen Gesamtplan zum Umbau der Wirtschaft. Er wäre glücklich, denn dies in einem Jahr so weit wäre. Privatisierungen der großen Staatskonzerne stehen sowieso nicht auf dem Programm, die sozialen Kosten wären zu hoch, erklärt Sukkar, der schon als Minister gehandelt wird. Der Wirtschaftsprofessor Arif Dalila bezweifelt, dass wirkliche Wirtschaftsreformen ohne politische Reformen möglich sind. Doch die politischen Reformen, die Assad in seinen ersten Reden angekündigt hatte, sind auf Eis gelegt.

Zwar hatte er zunächst das berüchtigte Gefängnis Mezze geschlossen und 600 politische Gefangene entlassen. Doch der "Frühling von Damaskus" war Anfang des Jahres vorbei, als die Debattenzirkel, die überall entstanden waren, untersagt wurden. Auch die erste private Wochenzeitung, die satirische "Ad-Domari", wurde bereits einmal wegen zu kritischer Berichterstattung geschlossen. Zwar wurde der Journalist Nizar Nayyouf nach neun Jahren Gefängnis im Juni entlassen, dann aber wahrscheinlich vom syrischen Geheimdienst erneut für einige Tage verschleppt.

Beobachter gehen davon aus, dass Assad die Menschenrechtssituation durchaus verbessern möchte und zumindest oberflächliche Demokratisierung zulassen würde. Aber der junge Augenarzt ist umgeben von einer alten Garde, die die Zügel nicht locker lassen will, weil sie zu viele Pfründe zu verlieren hätte. Damit ähnelt die Situation Assads ein wenig der Khatamis in Iran - allerdings sind die Syrer noch weit von der politischen Reife der iranischen Gesellschaft entfernt.

Dem israelischen Regierungschef Scharon warf Assad unterdessen im "Spiegel" vor, er plane einen "umfangreichen Krieg" in der Region, weil er in Israel mit dem Problem des Palästinenser-Aufstands nicht fertig werde. Bei seinem Regierungsantritt habe Scharon versprochen, das Problem der Intifada binnen hundert Tagen zu erledigen und dabei Gewalt als Mittel zur Herstellung von Frieden und Sicherheit einzusetzen, sagte Assad. Als er mit diesem Vorhaben gescheitert sei, hätte Scharon begonnen, das Problem über Israels Grenzen hinaus zu exportieren. "Sie wollen die ganze Region in einen Konflikt stürzen", sagte Assad.

Zwischen Syrien und Israel ist der Streit um die seit 1967 besetzten Golan-Höhen, deren vollständige Rückgabe Syrien fordert, noch immer ungelöst. Sein Land sei "ideologisch auf Frieden eingestellt" und werde sich von Israel einen Krieg nicht aufzwingen lassen, betonte Assad. Es gebe auch Maßnahmen, die Israel härter treffen könnten als militärische Reaktionen.

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