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Staatsbesuch: Eilig durchs Tor

Der Besuch des Liechtensteiner Regierungschefs Otmar Hasler beginnt in Berlin wahrhaft königlich. Beim Auftritt Merkels aber werden die Töne rauher. Der Gast wünscht unterdessen "keinen verbalen Kontakt zur Öffentlichkeit“.

Von Antje Sirleschtov

Nein, ein König ist Otmar Hasler nicht. Obwohl er Regierungschef eines – wenn auch kleinen – Fürstenreiches mit Prinzen und Erbprinzen ist und in Adelsangelegenheiten Unbewanderte deshalb leicht durcheinander kommen könnten.

Angefangen hat es am Mittwoch allerdings königlich, das Programm des Regierungschefs von Liechtenstein bei seinem Besuch in Berlin. Schon morgens um neun schob sich am Pariser Platz eine beachtliche blaulichtflimmernde Polizeieskorte in Richtung Brandenburger Tor voran. Dort kam der Gast aus Vaduz gerade an der Seite von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit von einem Spaziergang durch das Brandenburger Tor. Keine drei Minuten blieb Hasler auf dem berühmten Platze stehen. „Der Regierungschef“ ließ die Liechtensteiner Botschaft zur Begründung für die Eile verbreiten, „wünsche keinen verbalen Kontakt mit der Öffentlichkeit“.

Ohne Zweifel: Der Ton zwischen Deutschland und Liechtenstein ist zunächst scharf an diesem Mittwoch. Wie ein schweres Gewitter belastet der seit einer Woche schwelende Steuerskandal, bei dem wahrscheinlich hunderte Deutsche Milliardenbeträge in Vaduzer Stiftungen am heimatlichen Fiskus vorbei geparkt haben, den lange geplanten Regierungsbesuch. Und als ob das allein noch nicht genug Beschwerlichkeit wäre, schürte das Liechtensteiner Fürstenhaus den Ärger zwischen beiden Ländern unmittelbar vor einem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel mit Ministerpräsident Otmar Hasler noch weiter an. „Hehlerei“ wurde Deutschland vorgeworfen, von Kampagnen eines „Großstaates“ gegen das kleine Fürstentum war die Rede, und von „teutonischer Ausdrucksweise“. Den Vorwurf deutscher Politiker, der kleine Nachbar im Süden lege mit seinen Finanzsystemen geradezu den Speck aus, der deutsche Steuerflüchtlinge zum Betrug verleitet, will man nicht auf sich sitzen lassen.

Hasler ist „nur“ Regierungschef und nicht Staatsoberhaupt

Otmar Hasler war die Bedrückung ob der schlechten Stimmung am Mittwochmorgen ins Gesicht geschrieben. Und er war sichtlich um verbale Abrüstung bemüht. Noch am Dienstagabend hatte er – ungeplant – über das bilaterale Verhältnis beschwichtigende Worte in die Kameras der ARD gesagt. Davon, dass Liechtenstein schon seit Jahren das Finanzsystem und die rechtlichen Bestimmungen zur Zusammenarbeit mit ausländischen Steuerfahndern reformiere, berichtete Hasler. Und davon, dass es in Deutschland eine Menge Jobs gebe, die nur erhalten werden könnten, weil die Investoren in Liechtenstein säßen. Und was man sonst noch so sagt, als Regierungschef, wenn man im Ausland zu Gast ist und den Gastgebern plötzlich klar wird, dass man zu Hause „nur“ Regierungschef und nicht Staatsoberhaupt ist.

Am späten Nachmittag war es dann die Kanzlerin, die mit beschwichtigenden Worten einen außenpolitischen Eklat zu verhindern suchte. Und ganz nebenbei dem Gast innenpolitisch ein wenig unter die Arme griff. Von „offenen“ und „guten“ Beziehungen sprach Angela Merkel und davon, dass „gut nachbarschaftliche Beziehungen“ zwischen Liechtenstein und Deutschland herrschten, die keineswegs nur auf den Trubel um das Finanzsystem begrenzt bleiben dürften.

Ob es der deutschen Regierungschefin mit derartigen Freundlichkeiten gelungen ist, dem lange verfolgten Ziel, Steueroasen wie Liechtenstein eine ist, wieder ein Stück mehr auf den Pelz zu rücken, werden erst die kommenden Monate beweisen können. Den Versuch allerdings hat Angela Merkel am Mittwoch bei ihrem Treffen mit Otmar Hasler unternommen. Klar und unmissverständlich zählte sie alle noch offenen Verträge und Vereinbarungen auf, die es Liechtensteiner Behörden bis heute erlauben, jedem deutschen Steuerfahnder die Auskunft zu verweigern. Und für die sie, die deutsche Kanzlerin, eine Lösung erwarte.

Ob bilaterale Betrugsabkommen oder internationale Transparenz- oder Informationsrichtlinien: Liechtensteins Regierungschef Otmar Hasler blieb nichts anderes übrig, als der Kanzlerin am Ende in jedem Einzelfall Prüfung und Verhandlungen zuzusagen.

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