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Verfassungsschützer: "Stärke der NPD ist Schwäche der Republikaner"

Mit ihrem aggressiven Auftreten hat die NPD im vergangenen Jahr die eher lahmen Konkurrenten im rechtsextremen Spektrum überflügelt. Doch die Gesamtzahl der vom Verfassungsschutz zum "Rechtsextremismuspotenzial" gerechneten Personen nahm ab.

Innerhalb der Rechtsextremisten sei es der NPD erstmals seit der Wiedervereinigung gelungen, zur mitgliederstärksten Partei aufzusteigen, berichten jetzt übereinstimmend mehrere Verfassungsschützer dem Tagesspiegel. Die Stärke der NPD sei allerdings vor allem auf die Schwäche von DVU und "Republikanern" zurückzuführen. Das heißt in Zahlen: Die NPD reichte schon eine Zunahme um 200 Mitglieder auf nun 7200, um die bislang führende DVU zu überholen. Die Partei des Münchener Verlegers Gerhard Frey sei von 8500 Mitgliedern im Jahr 2006 auf 7000 geschrumpft, sagen die Verfassungsschützer. Bei den "Republikanern" habe sich der Abwärtstrend ebenfalls fortgesetzt, sie zählten nur noch 5500 Mitglieder. Das sind 500 weniger als 2006. Der Verfassungsschutz bewertet die Reps allerdings nur noch in Teilen als rechtsextreme Partei.

Die Verschiebung der Kräfteverhältnisse zeichnete sich schon lange ab. Vor fünf Jahren verfügte die NPD über 5000 Mitglieder, seitdem nahm sie kontinuierlich zu. Die DVU lag damals mit 11 500 Mitgliedern weit vorn, befand sich aber bereits im Sinkflug. Das galt auch für die "Republikaner", die 2003 noch 8000 Mitglieder zählten. Den Zuwachs der NPD erklären Verfassungsschützer vor allem mit deren antikapitalistisch und "revolutionär" intonierten Propaganda in Ostdeutschland, die junge Leute in die Partei ziehe. Dem hätten die überalterte DVU und die um ein konservatives Image bemühten Reps wenig entgegenzusetzen. Zugelegt habe die NPD vor allem in Thüringen, berichten Verfassungsschützer. In Sachsen hingegen, wo die NPD seit 2004 im Landtag sitzt, sei die Zahl der Parteimitglieder rückläufig.

Das Wachstum der NPD birgt allerdings auch reichlich Potenzial für Konflikte im rechtsextremen Spektrum. Die Partei ist seit 2005 über den "Deutschland-Pakt" mit der DVU verbündet. Kern der Vereinbarung ist die Aufteilung von Wahlen auf Landes-, Bundes- und Europaebene - man tritt nicht gegeneinander an. Verfassungsschützer erwarten jedoch, dass die NPD gerade in Thüringen, wo sie nun personell zugelegt hat, nicht hinnehmen wird, dass die siechende DVU 2009 bei der Landtagswahl antritt, wie es im Deutschland-Pakt vorgesehen ist. Ähnlich ist die Konstellation in Brandenburg: Hier kam die NPD kürzlich in einer Umfrage auf vier Prozent, die DVU erreichte nur noch ein Prozent - obwohl sie mit einer sechsköpfigen Fraktion im Landtag vertreten ist. Bei den Kommunalwahlen im Herbst dieses Jahres, da gilt der Deutschland-Pakt nicht, werden sich NPD und DVU gegenüberstehen. Sollte die NPD dann deutlich besser abschneiden, werde sie der DVU den Antritt bei der Landtagswahl 2009 streitig machen, prophezeien Verfassungsschützer.

Gewachsen ist im vergangenen Jahr auch die Szene der Neonazis, die in Teilen mit der NPD liiert ist. Das Personenpotenzial stieg nach Beobachtung der Experten um 200 auf 4400. Hauptgrund sei die "sprunghafte Zunahme" bei den so genannten Autonomen Nationalisten, die in ihrem Auftreten als schwarzer Block den linksextremen Gegner kopieren. Die Autonomen Nationalisten hätten sich auf 400 Personen verdoppelt, Schwerpunkt blieben Berlin und das Ruhrgebiet.

Etwas abgenommen hat das vom Verfassungsschutz als "subkulturell geprägte und sonstige gewaltbereite Rechtsextremisten" benannte Milieu (2007: 10 000, 2006: 10 400). Gemeint sind Skinheads, die Musikszene sowie Schläger, die nicht dem ideologisch gefestigten Spektrum der Neonazis zugerechnet werden. Die Anziehungskraft der Skinhead-Szene lasse weiter nach, sagen Experten. Glatze und Bomberjacke kämen aus der Mode.

Die Gesamtzahl der vom Verfassungsschutz zum "Rechtsextremismuspotenzial" gerechneten Personen nahm rechnerisch um etwa 5000 auf ungefähr 33 000 ab. Neben dem Schwund bei der DVU nennen die Experten als einen Grund die Neubewertung der "Republikaner". Nach dem jahrelangen Exodus explizit rechtsextremer Mitglieder, viele liefen zur NPD über, wird nur noch ein Teil der Reps dem harten Spektrum zugerechnet.

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