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Politik: Startet die Gesundheitskarte doch mit Verspätung?

Ärzte und Kassen streiten, aber das Ministerium beruhigt: Probleme nicht so schlimm wie bei Lkw-Maut

Berlin - Die Arbeiten an der elektronischen Gesundheitskarte kommen nur schleppend voran. Nach neun Monaten Streitereien haben sich Krankenkassen, Ärzte und Apotheker immer noch nicht auf ein gemeinsames Konzept für die Karte einigen können, die Anfang 2006 eingeführt werden soll. Das Bundesgesundheitsministerium geht dennoch von einem pünktlichen Start aus. Der enge Zeitplan sei bei guter Zusammenarbeit der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens mit der Industrie einzuhalten, sagte Gesundheitsstaatssekretär Klaus Theo Schröder am Mittwoch. Es gebe keinen Grund, pessimistisch zu sein.

Bis Ende September sollen die Beteiligten sich auf Details einigen, damit die neue Gesundheitskarte spätestens im kommenden Jahr in Pilotversuchen getestet werden kann. Für den 22. September hat das Bundesgesundheitsministerium die Verbände eingeladen, um die Verhandlungen voranzubringen. Ansonsten kommen die Hersteller des IT-Kartensystems in Zeitnot. Willi Berchtold, Chef des Kartenspezialisten Giesecke & Devrient und zugleich Vorsitzender des IT-Branchenverbands Bitkom, hält den Termin Anfang 2006 für gefährdet. „Wenn das Arbeits- und Entscheidungstempo der letzten neun Monate so weitergefahren wird, kann der Januar 2006 nicht gehalten werden“, sagte er dem „Handelsblatt“. Kritik übte er vor allem an den langsamen Entscheidungsstrukturen in der Selbstverwaltung.

Staatssekretär Schröder appellierte an alle Beteiligten, die Chancen zu nutzen, „etwas wirklich Erstklassiges auf die Beine zu stellen“. Die neue elektronische Gesundheitskarte könne auch ein Exportprodukt werden, sagte Schröder. Die neue fälschungssichere Gesundheitskarte soll die bisherige Chipkarte ersetzen. Sie wird Daten etwa zu Arzneiverordnungen, Behandlungen und Allergien enthalten. Außerdem soll sie die Einführung des elektronischen Rezepts ermöglichen. Etwa 70 Millionen Karten sollen 2006 an die Versicherten ausgegeben werden. Ärzte, Apotheker und Krankenkassen müssen vernetzt werden. Das geplante IT-Kartensystem wird rund 1,8 Milliarden Euro kosten.

Umstritten sind derzeit noch technische Fragen: Die Krankenkassen fordern, möglichst viele Daten auf einem Server zu speichern. Die Apotheker hingegen würden lieber einen Großteil der Patientendaten auf der Versichertenkarte speichern. Aber auch die Finanzierung ist noch nicht endgültig geklärt.

Falls die Selbstverwaltung bis Ende September keine Detailvorgaben für die Industrie vorlegt, kann das Ministerium selbst handeln. Vorbereitungen für schnelles Handeln seien getroffen, hieß es, obwohl man weiter auf eine Einigung der Selbstverwaltung setze. Staatssekretär Schröder stellte klar, dass die Einführung der Gesundheitskarte technisch einfacher sei als die geplante Maut für Lastkraftwagen. „Das Projekt ist von der technischen Komplexität nicht mit Toll Collect vergleichbar.“

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