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AOK, Barmer & Co.: Viele Kassen verlangen im kommenden Jahr höhere Beiträge.

© Kitty Kleist-Heinrich

Steigende Beiträge der Krankenkassen: Nicht nur die Arbeitnehmer sollten zahlen

Die Kosten im Gesundheitswesen steigen - doch nur Arbeitnehmer werden ab Anfang 2016 mehr zahlen müssen. Es wäre Zeit, auch Unternehmen stärker zu beteiligen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Cordula Eubel

Zum Jahreswechsel steigen für Millionen Menschen in Deutschland die Krankenkassenbeiträge. Für einen Großteil der gesetzlich Versicherten wird nun der Systemwechsel spürbar, den die Politik vor einigen Jahren eingeleitet hat: die Abkehr von der paritätischen Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Noch fällt das Plus mit durchschnittlich 0,2 Prozentpunkten vom Bruttoeinkommen vergleichsweise moderat aus. Doch schon jetzt ist absehbar, dass die Beiträge im Wahljahr 2017 weiter steigen werden. Streit über die künftige Finanzierung der Mehrausgaben ist damit programmiert.

Erstmals wurde das Prinzip 2005 in Frage gestellt

Jahrzehntelang haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich die Beiträge im Grundsatz hälftig geteilt. Erstmals wurde dieses Prinzip 2005 in Frage gestellt. Damals beschloss die rot-grüne Bundesregierung in einem Kompromiss mit der Union, einen Sonderbeitrag von 0,9 Prozent einzuführen, den allein die Arbeitnehmer zahlen mussten. Immerhin: Kostensteigerungen im Gesundheitswesen mussten auch danach weiter von beiden Seiten getragen werden.

Damit ist seit 2011 Schluss. Unter Schwarz-Gelb wurde der Arbeitgeberbeitrag gesetzlich bei 7,3 Prozent festgeschrieben. Daran hat auch die große Koalition nichts geändert. Die SPD drängte in den Koalitionsverhandlungen 2013 lediglich darauf, dass die Versicherten für steigende Gesundheitsausgaben nicht mit einer einkommensunabhängigen Kopfpauschale aufkommen müssen. Stattdessen führte Schwarz-Rot den einkommensabhängigen Zusatzbeitrag ein. Der ist zwar sozial ausgewogener, ändert aber nichts daran, dass künftig nur noch die Versicherten für Kostensteigerungen zahlen.

Solange die Kassen über genügend Geld verfügten, war es still geworden um die paritätische Finanzierung. Die SPD versucht nun, angesichts der steigenden Beiträge das Thema wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Dass sie damit bei der Union auf offene Ohren stößt, erwartet aber offenbar auch die SPD-Generalsekretärin nicht. Sie vertröstet auf das nächste Wahlprogramm ihrer Partei.

In diesem Jahr mögen die Zahlen noch überschaubar klingen. Ein Durchschnittsverdiener mit einem Bruttoverdienst von 2600 Euro zahlt 2016 rund 62 Euro mehr, wenn er etwa bei der Barmer GEK oder der Techniker Krankenkasse versichert ist. Wer bei der DAK-Gesundheit ist, muss hingegen schon 187 Euro drauf zahlen. Sollten die Beiträge in den nächsten Jahren weiter in dem Maße steigen, wird sich das auf dem Gehaltszettel deutlicher bemerkbar machen.

Die Wirtschaft ist mächtiger als die Versicherten

Natürlich lässt es sich nicht verhindern, dass in einer alternden Gesellschaft die Gesundheitsausgaben steigen. Doch es wäre durchaus sinnvoll, die Arbeitgeber auch künftig an den Kostensteigerungen zu beteiligen. Denn nur dann haben sie ein ernsthaftes Interesse daran, immer wieder einzufordern, dass der Kostenanstieg im Gesundheitswesen gebremst wird. Als Lobby sind sie weitaus mächtiger als die Versicherten.

Die Koalition sollte außerdem die Gelegenheit nutzen, den Steuerzuschuss an den Gesundheitsfonds zu überprüfen. Versicherungsfremde Leistungen wie die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern werden noch nicht komplett aus Steuern finanziert. Würde hier endlich umgesteuert, ließe sich der Anstieg der Krankenkassenbeiträge ebenfalls begrenzen.

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