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Ist denn das gerecht? Da vergleicht sich einer mit einem Sparkassendirektor – und wieder fallen fast alle über ihn her. Die amtierende Kanzlerin Angela Merkel ließ Peer Steinbrück ausrichten, dass sie mit ihrem Gehalt zufrieden sei.

© dpa

Steinbrück und das Kanzlergehalt: Der abgekanzelte Kandidat

Peer Steinbrück fordert mehr Geld für deutsche Regierungschefs - und die Versuche seiner Parteigenossen, den Schaden zu begrenzen, muten hilflos an. Die Steinbrück-Verteidiger wären keine Politprofis, wenn sie nicht genau wüssten, dass es bei der Debatte um etwas ganz anderes geht.

In der SPD sind sie bemüht, die Sache aufs rein Inhaltliche zu reduzieren. Ihr Kandidat Peer Steinbrück habe doch recht: Im Vergleich zu den Spitzenverdienern der Wirtschaft sei das Gehalt eines deutschen Bundeskanzlers zu gering. Generalsekretärin Andrea Nahles sagt, sie könne die Aufregung nicht verstehen. Es sei Steinbrück doch nur „um die angemessene Würdigung des wichtigsten Amtes des Staates gegangen“. Der Chef der SPD-Bundestagsabgeordneten aus NRW, Axel Schäfer, beteuert: „Die sachliche Einschätzung Steinbrücks wird von allen in der Politik geteilt.“ Und sein Kollege Karl Lauterbach äußert sich zuversichtlich, dass die Debatte dem Kandidaten nicht schaden werde. Schließlich wisse jeder, „dass die Kanzler verglichen mit den Top-Managern zu wenig verdienen“.

Tatsächlich muten die Schadensbegrenzungsversuche aus den eigenen Reihen hilflos an. Die Steinbrück-Verteidiger wären keine Politprofis, wenn sie nicht genau wüssten, dass es bei der Debatte um ganz anderes geht. Unter Politikexperten jedenfalls ist unstrittig, dass Steinbrück mit seinen Äußerungen zum Thema Geld sein „Negativ-Image“ verfestigt hat. Schließlich gab es ja schon die Vorgeschichte mit den bekannt gewordenen Redehonoraren in Millionenhöhe.

Über das Kanzlergehalt könne man „immer diskutieren“, sagte der einstmalige Berater von Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU), Michael Spreng, dem Tagesspiegel. "Nur einer darf nicht darüber reden: ein  Kanzlerkandidat." Die Wähler nämlich hielten die Gehaltskritik „für ein Plädoyer in eigener Sache:  Wenn ich Kanzler werde, will ich mehr Geld“. Es sei zwar nicht anzunehmen, dass es Steinbrück zuvorderst um höhere Einnahmen für sich gegangen sei. Er habe aber „durch Ungeschicklichkeit und, man muss schon sagen, Tölpelhaftigkeit den Eindruck erweckt, dass Geld für ihn das beherrschende Thema ist“.

Der Parteienforscher Jürgen Falter sieht das genauso. Es sei „grauenvoll ungeschickt, das Thema Kanzlerbezüge aufzubringen, wenn man selber Kanzler werden will“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. Steinbrück hatte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ erklärt, dass ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin in Deutschland zu wenig verdiene – „gemessen an der Leistung, die sie oder er erbringen muss und im Verhältnis zu anderen Tätigkeiten mit weit weniger Verantwortung und viel größerem Gehalt“. Nahezu jeder Sparkassendirektor komme auf höhere Bezüge.

Nach der Diskussion um seine Nebeneinkünfte hätte Steinbrück „das Wort Geld gar nicht mehr in den Mund nehmen dürfen“, meint Spreng. „Jeder normale SPD-Politiker hätte doch an dieser Stelle über die Begrenzung von Managergehältern und höhere Spitzensteuer diskutiert und nicht über das eigene mögliche Gehalt.“ Offensichtlich habe sich der Politiker Steinbrück aber als Kanzlerkandidat nicht verändert. „Er redet frei Schnauze, was ihn einerseits sympathisch macht, aber andererseits ein Risiko darstellt.“

Und so blieb es in dem Interview nicht bei dem einen Fettnapf. Steinbrück verstieg sich auch dazu, die Beliebtheit von Angela Merkel auf einen "Frauenbonus" zurückzuführen. Schlimmer noch als der "frauenfeindliche Unterton" dieser Äußerung sei die daraus ersichtliche "politische Fehleinschätzung" des SPD-Kandidaten, so Spreng. Merkel sei schließlich nicht so populär, weil sie eine Frau sei, sondern weil die Mehrzahl der Menschen „ihre Politik der kleinen Schritte und der ruhigen Hand“ richtig finde. Und in Beliebtheitsumfragen konnte Steinbrück schon bisher trotz aller ihm zugebilligten Kompetenz nicht annähernd mit der Amtsinhaberin mithalten.

Er könne dem Kandidaten nur empfehlen, „erst nachzudenken und dann zu reden, oder sich zumindest auf sozialdemokratische Themen zu konzentrieren“, sagte Spreng. Gleichzeitig ließen Steinbrücks Äußerungen vermuten, dass er entweder schlechte Berater habe oder schlicht nicht auf die Ratschläge aus seiner Umgebung höre. „Einen beratungsresistenten Kanzler kann sich Deutschland aber nicht erlauben.“

Die Kanzlerin jedenfalls nutzte die Vorlage und ließ ausrichten, dass sie mit ihren mehr als 16 000 Euro im Monat zufrieden sei. Und auch SPD-Altkanzler Gerhard Schröder, der nach seiner Amtszeit als Großverdiener in die Wirtschaft wechselte, ließ seinen Genossen als Gierhals dastehen. Die Politikergehälter in Deutschland seien angemessen, beschied er. Und wem die Bezahlung als Politiker zu gering sei, der könne sich ja "um einen anderen Beruf bemühen“.

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