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Steuermilliarden: Ausgabendisziplin angemahnt

Unmittelbar vor dem Finanzgipfel, bei dem über die Verwendung der erwarteten Steuermehreinnahmen beraten wird, warnen Politiker von Union und SPD vor höheren Bundesausgaben. Sie wollen weiter an der geplanten Haushaltskonsolidierung festhalten.

Berlin - Der Unions-Haushaltsexperte Steffen Kampeter (CDU) wies entsprechende Wünsche auch aus den eigenen Reihen zurück. "Vorschläge sind zwar nicht verboten, verboten aber ist es, vom Konsolidierungskurs abzuweichen", sagte er. Auch SPD-Chef Kurt Beck bekräftigte das Ziel, die Neuverschuldung abzubauen und wies Forderungen nach einer weiteren Senkung der Lohnnebenkosten zurück. Derweil sprachen sich mehrere Wirtschaftsexperten für den Verzicht auf die beschlossene Mehrwertsteuererhöhung aus.

Kampeter betonte, der Haushalt bleibe trotz Mehreinnahmen ein Sanierungsfall. Vor neuen Ausgaben gelte es, zunächst die Risiken abzudecken. Zwei Milliarden Euro Mehreinnahmen habe Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) schon im Etat 2007 verplant. Insgesamt gebe es 2007 Risiken in Höhe von 6,5 Milliarden Euro. All dies müsse vor neuen Ausgaben erst einmal genau durchgerechnet werden. Ziel sei es, die Nettokreditaufnahme schon 2007 möglichst unter 20 Milliarden Euro zu drücken. Geplant sind 22 Milliarden.

"Abbau der Neuverschuldung hat Priorität"

Der Generalsekretär der CDU Baden-Württemberg, Thomas Strobl, warnte davor, die Mehreinnahmen gleich wieder auszugeben. "Der Abbau der Neuverschuldung hat auf lange Sicht definitiv Priorität", betonte er. Zu Plänen, die Sozialversicherungsbeiträge mehr als geplant zu verringern, sagte Strobl: "Wir senken die Kosten der Arbeitslosenversicherung ja bereits um zwei Punkte von 6,5 auf 4,5 Prozent ab 2007. Dabei sollte es auch bleiben."

SPD-Chef Beck hob hervor, zwar sei auch er "für eine Senkung der Lohnnebenkosten". Bedingung sei allerdings, dass "das Ziel der Haushaltskonsolidierung es erlaubt, beziehungsweise die Entwicklung der Einnahmen in den Sozialkassen". Er sei "dafür offen, dass wir im ersten Quartal des kommenden Jahres entscheiden, ob ein weiterer viertel oder halber Prozentpunkt abgesenkt wird - wenn die Entlastung sich dann als dauerhaft herausstellt".

Handwerk will Faktor Arbeit entlasten

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sprach sich derweil dafür aus, mit den Mehreinnahmen die Pflegeversicherung auf Kapitalbasis umzustellen. Nur so lasse sich verhindern, dass weitere Lasten auf zukünftige Generationen verschoben werden, sagte DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun. Die zusätzlichen Steuereinnahmen sollten daher zur Finanzierung "des Einstiegs in den Ausstieg aus der umlagefinanzierten Pflegeversicherung" genutzt werden. Damit könne im nächsten Jahr ein Kapitalstock von neun Milliarden Euro gebildet werden, um den Umstieg zu finanzieren.

Das Handwerk forderte dagegen, die Mehreinnahmen vor allem für die Senkung der Lohnnebenkosten zu verwenden. Der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Hanns-Eberhard Schleyer, sagte, durch eine verbesserte Steuerfinanzierung etwa der beitragsfreien Mitversicherung der Kinder in der gesetzlichen Krankenversicherung müssten die Beitragszahler und damit der Faktor Arbeit entlastet werden.

Verzicht auf Mehrwertsteuererhöhung vorgeschlagen

Mehrere Wirtschaftswissenschaftler sprachen sich für den Verzicht auf die beschlossene Erhöhung der Mehrwertsteuer aus. Der Mainzer Finanzwissenschaftler Rolf Peffekoven sagte, bevor das Geld zur Reduzierung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung eingesetzt werde, "ist es besser, auf die Mehrwertsteuererhöhung zu verzichten".

Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel betonte, mit dem Verzicht auf die Anhebung sei die Chance gegeben, das die Wirtschaft auch 2007 mit einer Rate von 2,4 Prozent wachse. Christoph M. Schmidt, Vorstandschef des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen, schlug vor, die Steuermehreinnahmen für eine deutlich stärkere Entlastung der Unternehmen zu nutzen, als sie mit fünf Milliarden Euro geplant sei.

Bei der für diesen Freitag geplanten Bekanntgabe der Steuerschätzung können Bund, Länder und Gemeinden Presseberichten zufolge bis Ende 2007 mit bis zu 42 Milliarden Euro Mehreinnahmen rechnen. (Von Manfred Rey, ddp)

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