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Der ehemalige US-Präsident Donald Trump steht unter Druck.

© AFP/Alon Skuy

Steuern, Wahlfälschung, Geheimdokumente: Diese Untersuchungen könnten Donald Trump gefährlich werden

FBI-Razzia auf seinem Anwesen, der Sturm aufs Kapitol oder eine Zivilklage: Gegen Ex-Präsident Donald Trump laufen mehrere Ermittlungen. Ein Überblick.

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat seine erneute Kandidatur angekündigt – ungeachtet der Tatsache, dass ihm gleich auf mehreren Ebenen Ärger droht. Juristisch gibt es im Fall Trump nun Bewegung. Justizminister Merrick Garland gab am vergangenen Freitag die Einsetzung eines Sonderermittlers bekannt. Dieses Vorgehen hat das Ziel, den Eindruck eines politisch motivierten Verfahrens zu widerlegen.

Der Staatsanwalt Jack Smith soll die Ermittlungen gegen Trump beaufsichtigen. Das sei notwendig, weil Trump seine Kandidatur für 2024 erklärt und Amtsinhaber Joe Biden seine Absicht bekundet habe, ebenfalls anzutreten, sagte Garland.

Smith, der 2008 bis 2010 am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag unter anderem Ermittlungen zu Kriegsverbrechen beaufsichtigte und zuletzt als Ankläger an einem Sondergericht in Den Haag Kriegsverbrechen im Kosovo verfolgte, soll zwei Untersuchungen beaufsichtigen: erstens, die zu den geheimen Regierungsdokumenten, die Trump nach dem Ausscheiden aus dem Amt in seinem Privatanwesen Mar-a-Lago aufbewahrte und die das FBI im August beschlagnahmt hatte. Und, zweitens, die Ermittlungen zum Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021.

Am 3. Januar 2023 tritt der neue Kongress zusammen

Der Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses, der Trump vorwirft, seine Anhänger zu einem Putschversuch aufgerufen zu haben, will in den nächsten Wochen seinen Abschlussbericht vorlegen. Damit werden die Ermittlungsergebnisse auch dem Justizministerium zur Verfügung stehen, sagte die demokratische Abgeordnete Zoe Lofgren dem Sender CBS am Sonntag.

Viel Zeit bleibt nicht: Wenn der neue Kongress am 3. Januar 2023 zusammentritt, sind die Republikaner im Repräsentantenhaus in der Mehrheit und werden, das haben sie klargemacht, den Ausschuss sofort auflösen.

Smith ist parteipolitisch als „independent“ registriert. Ob er jedoch als neutraler Sonderermittler angesehen wird, hängt vom Standpunkt des Betrachters ab. Konservative bestreiten das. Medien wie der Sender Fox News und die Zeitung „Washington Examiner“ laufen sich schon gegen ihn warm.

Republikaner säen Zweifel an dem neuen Sonderermittler

Der Zeitpunkt – wenige Tage nach der Ankündigung von Trump – liefert ihnen Argumente, auch diese Entscheidung Garlands als parteipolitisch motiviert zu kritisieren und als Versuch, Trump juristisch aus dem Weg zu räumen, damit ein Demokrat 2024 gewinnen kann.

Auch Republikaner, die keine Trump-Unterstützer sind, würden damit ins Lager des Ex-Präsidenten gezogen, sagte ein ehemaliger Diplomat, der der Republikanischen Partei, aber nicht Trump nahesteht, dem Tagesspiegel. Vielleicht sei das von den Demokraten sogar gewollt, weil sie glaubten, Trump sei einfacher zu schlagen als andere potenzielle Kandidaten.

Smith als neutral zu bezeichnen, sei nicht korrekt, sagte der Ex-Diplomat weiter. Schließlich würden Richter und Staatsanwälte von der jeweiligen Regierung ernannt.

Der Staatsanwalt Jack Smith soll Ermittlungen gegen Trump beaufsichtigen.
Der Staatsanwalt Jack Smith soll Ermittlungen gegen Trump beaufsichtigen.

© Foto: Reuters/U.S. Justice Department/Handout

Zudem wird gegen Smith angeführt, dass er in der Obama-Regierung die „Public Integrity Section“ geleitet und dabei mindestens zwei Republikaner erfolgreich vor Gericht gebracht hatte: 2014 den damaligen Gouverneur von Virginia Bob McDonnell wegen Korruption sowie den ehemaligen Kongressabgeordneten Rick Renzi aus Arizona, der 2013 unter anderem wegen Bestechung, Geldwäsche und Versicherungsbetrug verurteilt wurde. Renzi war einer derjenigen, die Trump an seinem letzten Tag im Amt begnadigte.

Insgesamt gibt es fünf größere Untersuchungen gegen den 76-jährigen Trump und sein Wirtschaftsimperium. Alle eint, dass sie kompliziert und langwierig sind. Zugleich ist nicht sicher, dass auch nur eine zu einer Verurteilung führt und der Ex-Präsident im Gefängnis landet.

1. Die geheimen Dokumente in Mar-a-Lago

Anfang August durchsuchten Ermittler der Bundespolizei FBI Trumps Anwesen in Florida nach Geheimdokumenten. Der Vorwurf: Trump habe diese illegal aus dem Weißen Haus entwendet und in seiner Privatunterkunft gelagert und damit womöglich gegen ein Spionagegesetz verstoßen.

Zum Teil handelt es sich um Dokumente der höchsten Geheimhaltungsstufe. Trumps Anwälte argumentieren, er habe diese Klassifizierung als Präsident aufgehoben. Nach Angaben des Nationalarchivs, das für die Aufbewahrung von Dokumenten aus abgelaufenen Amtszeiten zuständig ist, wurden mindestens 15 Kisten in Mar-a-Lago sichergestellt oder übergeben.

Das Justizministerium soll klären, ob Trump mit der Lagerung in seinem privaten Anwesen Gesetze gebrochen hat. Dafür wurde in Washington eine Grand Jury zusammengestellt, die bereits Zeugen angehört hat.

2. Der Sturm auf das Kapitol am 6. Januar

Hierbei geht es vor allem um drei Fragen: Wie äußerte sich Trump gegenüber seinen engsten Beratern mit Blick auf mögliche Gewalt am 6. Januar? Was wusste er über die Pläne rechtsextremistischer Organisationen wie Proud Boys oder Oath Keepers für diesen Tag? Und glaubte er wirklich, dass ihm die Wahl im November gestohlen worden sei?

Ein Anhänger Donald Trumps läuft am 6. Januar 2021 mit einer Konföderierten-Flagge durch das Kapitol in Washington.
Ein Anhänger Donald Trumps läuft am 6. Januar 2021 mit einer Konföderierten-Flagge durch das Kapitol in Washington.

© AFP/Saul Loeb

Der Untersuchungsausschuss hat viele Zeugen befragt und Unterlagen gesichtet. Er könnte dem Justizministerium eine Anklage empfehlen. Ob die erfolgreich wäre, ist unklar. Trump könnte aber dennoch als Präsident kandidieren – und sich womöglich im Fall eines Wahlsieges selbst begnadigen. Darüber hätte dann der Supreme Court zu entscheiden.

Besonders abstrus: Trump könnte sogar aus dem Gefängnis heraus kandidieren. Angesichts der tiefen Polarisierung des Landes und der Bereitschaft seiner Anhänger, so ziemlich alles zu glauben, was er sagt, scheint nichts unmöglich zu sein.

3. Einflussnahme in Georgia

Der hart umkämpfte „Swing State“ Georgia stand bei den Wahlen 2020 besonders im Vordergrund. Biden gewann hier ganz knapp, und das Ergebnis in dem Südstaat war letztlich mit ausschlaggebend dafür, dass er Trump im Weißen Haus ablöste. Trump versuchte, dies zu verhindern.

Nach Verkündung der Wahlergebnisse rief Trump Georgias Innenminister Brad Raffensperger an, der für den Ablauf der Wahl zuständig war, und verlangte, dass der ihm die für einen Sieg notwendigen Stimmen finden solle.

Darum wird nun ermittelt. Trump und seine Verbündeten versuchen, das Verfahren hinauszuzögern. Vorgeladen wurden sein ehemaliger Stabschef Mark Meadows, Senator Lindsey Graham, Trumps Anwalt Rudy Giuliani und Gouverneur Brian Kemp.

Beschuldigt sind zudem 16 Personen, die als alternative Wahlleute eingesetzt werden sollten, um das Wahlergebnis in Georgia zu Trumps Gunsten zu kippen. Die Bezirksstaatsanwältin von Fulton County, Fani Willis, gibt sich wild entschlossen, weiter zu ermitteln.

Im Fall einer Anklageerhebung und einer Verurteilung auf Ebene eines Einzelstaats könnte Trump sich als Präsident nicht selbst begnadigen. Aber wäre er der offizielle Kandidat seiner Partei für 2024, könnte er im Wahlkampf verlangen, dass die Ermittlungen bis zur Wahl ausgesetzt bleiben.

4. Die strafrechtlichen Ermittlungen in Manhattan

Im New Yorker Stadtteil Manhattan ermitteln die Behörden im Zusammenhang mit möglichen Steuerdelikten gegen die Trump Organization. Die habe unter anderem Führungskräften über einen Zeitraum von 15 Jahren Wohnungen oder Autos überlassen, ohne Steuern für diese Vorteile abzuführen.

Der Prozess gegen Trumps Familienholding hat Ende Oktober begonnen. Derzeit sieht es (noch) nicht danach aus, dass Anklage gegen Trump persönlich erhoben wird.

Allen Weisselberg, der ehemalige Finanzchef der Familienholding, hat einen Deal für sich ausgehandelt und sich bereits in 15 Anklagepunkten schuldig bekannt. Bisher hat er seinen Ex-Chef nicht belastet.

5. Die Zivilklage in New York

Generalstaatsanwältin Letitia James hat Ende September angekündigt, Klage gegen Trump, seine drei Kinder Donald Junior, Ivanka und Eric sowie die Familienholding Trump Organization zu erheben. James fordert von den Trumps und ihrer Holding 250 Millionen Dollar zurück. Und sie will das Trumpsche Immobilien-Imperium auflösen.

Geht es nach der eingetragenen Demokratin, sollen der Ex-Präsident und seine Kinder nie wieder ein Unternehmen in New York leiten und in einem Zeitraum von fünf Jahren keine Immobilie in dem Bundesstaat erwerben dürfen.

Zudem kündigte James an, die Anschuldigungen wegen kriminellen Fehlverhaltens an die Bundesstaatsanwaltschaft und die US-Steuerbehörde IRS weiterzuleiten. Ob die dann ein Verfahren wegen kriminellen Fehlverhaltens eröffnen werden, ist offen. Und auch James muss zunächst erst einmal alle ihre Vorwürfe beweisen.

Als wahrscheinlich gilt eine Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen. Ein Prozess würde erst im Oktober 2023 beginnen – und Trumps Anwälte werden sehr wahrscheinlich versuchen, den Prozessbeginn weiter hinauszuzögern.

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