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Peer Steinbrück Gewehr

© ddp

Steuerskandal: Steinbrück befürchtet "Einsturz" der Sozialen Marktwirtschaft

Rund 1000 Namen stehen noch auf den Listen der Fahnder. Geht es nach der SPD, müssen sie sich auf höhere Strafen gefasst machen als bislang üblich. Mitglieder der Bundesregierung sehen angesichts des Steuerskandals das deutsche Gesellschaftssystem in Gefahr.

Die SPD will Steuerhinterzieher härter bestrafen. Es müsse geprüft werden, ob die bisherige Höchststrafe von zehn Jahren Freiheitsentzug noch ausreiche, heißt es in einer Erklärung, die die gesamte SPD-Führung an diesem Montag in Hamburg verabschieden will.

In dem Papier, das der Nachrichtenagentur dpa vorliegt, kritisieren die Sozialdemokraten "eine fehlende Verantwortung von Leistungsträgern für das Gemeinwohl". Finanzminister Peer Steinbrück fordert "die Bildung eines neuen Bewusstseins bei Managern". Mit Blick auf den der Steuerhinterziehung verdächtigten Post-Chef Klaus Zumwinkel sagte der Sozialdemokrat  "Zeit online": "Ein Mann dieser Güteklasse muss wissen, was eine eingestandene Steuerhinterziehung in der Wahrnehmung der Bürger bedeutet." Die größte Gefahr für die Soziale Marktwirtschaft gehe derzeit von den Exzessen und Übertreibungen der Protagonisten selbst aus. "Es sind die Eliten, die das System zum Einsturz bringen."

Zumwinkel nur die Spitze des Eisbergs

Am Donnerstag hatte die Polizei Zumwinkels Büro in der Post-Zentrale in Bonn und sein Kölner Privathaus durchsucht. Laut Staatsanwaltschaft geht es um hinterzogene Steuern in Höhe von rund einer Million Euro. Zumwinkel soll das Geld am deutschen Fiskus vorbei nach Liechtenstein gebracht haben.

Inzwischen geht die Bundesregierung davon aus, dass der Fall Zumwinkel nur die Spitze eines Eisberges darstellt. Steinbrücks Sprecher, Torsten Albig, sagte, "sehr, sehr viele" gut verdienende prominente Deutsche müssten mit Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung rechnen. Aus Sicherheitskreisen erfuhr der Tagesspiegel, dass bis zu 300 Durchsuchungen bevorstehen. Die Ermittlungen der Bochumer Staatsanwaltschaft richten sich demzufolge gegen "etwa 1000 Namen" - "die größte Steuerfahndung, die Deutschland je gesehen hat". Der Kreis der Verdächtigen reiche "vom Mittelständler bis zum Prominenten".

Warnung vor "Managerfeudalismus"

Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) warnt angesichts des Ausmaßes der Ermittlungen vor schwerwiegenden Folgen für die Soziale Marktwirtschaft. Deutsche Manager müssten sich "ihrer Vorbildfunktion für die Gesellschaft bewusst werden", sagte er der "Bild am Sonntag" ("BamS"). "Andernfalls wird unsere Soziale Marktwirtschaft unglaubwürdig."

Auch Gewerkschaften und die katholische Kirche schalten sich in die Debatte ein. Das DGB-Vorstandsmitglied Dietmar Hexel warnt in der "Rheinischen Post" vor einem "Managerfeudalismus". Verdi-Chef Frank Bsirske beklagt in der "BamS", Manager "predigen Verzicht für andere und stopfen sich selbst die Taschen voll". Der neue Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, sagt dem Boulevard-Blatt, Steuerhinterziehung dürfe keinesfalls als Kavaliersdelikt durchgehen.

DIHK: "Verfehlte" Pauschalisierung

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, warnte hingegen vor einer generellen Verurteilung der Manager. Er halte diese "für genauso verfehlt wie pauschale Politikerschelte", sagte Braun der "Bild"-Zeitung.

Zumwinkel soll laut dem Magazin "Focus" rund vier Millionen Euro an das Finanzamt Köln für seine nicht versteuerten Zinserträge aus der zwölf Millionen schweren Stiftung in Liechtenstein zahlen. Er habe dem Haftbefehl zufolge fast 20 Jahre lang in "konspirativer Weise" versucht, seine Erträge aus der Anlage bei der Vaduzer LGT-Bank zu verschleiern. (sf/AFP/dpa)

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