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Streik

© dpa

Streiks: Erste große Kraftprobe für Sarkozy

In Frankreich haben landesweite Proteste gegen die Reformpolitik des Präsidenten begonnen. Für Sarkozy steht dabei die Glaubwürdigkeit auf dem Spiel.

Sechs Monate nach seinem Amtsantritt steht Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy mit einer landesweiten Streikwelle im öffentlichen Verkehr vor einer ersten großen innenpolitischen Kraftprobe. Den Auftakt machten am Dienstagabend die Eisenbahner. Ihnen schließen sich am heutigen Mittwoch die Beschäftigten der Pariser Verkehrsbetriebe sowie der staatlichen Elektrizitäts- und Gasversorgungsbetriebe an. Am kommenden Dienstag wollen auch Lehrer und Beamte in einen Ausstand treten. Weitere Konflikte sind bei Post und Telekom, auf dem Bau sowie in der Justizverwaltung angekündigt.

Anlass des Konflikts bei Eisenbahn und Pariser Verkehrsbetrieben, deren Beschäftigte bereits im Oktober einen Tag lang die Arbeit ruhen ließen, ist die von Präsident Sarkozy betriebene Reform der Sonderrentenkassen bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben und den Energieversorgern sowie einer Anzahl von Berufen wie den Fischern, den Grubenarbeitern, den Beschäftigten von Notarkanzleien oder den Tänzern der Pariser Oper. Angehörige dieser Berufsgruppen können je nach Schwierigkeitsgrad ihrer Arbeit – Lokführer zum Beispiel schon mit 50 Jahren – in Rente gehen. Nach dem von der Regierung Fillon vorgelegten Reformplan sollen sie wie die anderen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sowie des Privatsektors künftig nach 40 statt bisher nach 37,5 Beitragsjahren eine volle Rente beziehen können. Betroffen von der Reform sind 500 000 Aktive sowie 1,1 Millionen Rentner, deren Versorgungskassen vom Staat jährlich mit fünf Milliarden Euro bezuschusst werden. 1995 war ein erster Reformvorstoß der konservativen Regierung Juppé am Widerstand der Gewerkschaften gescheitert.

Das Ende dieser Privilegien hatte Präsident Sarkozy im Wahlkampf zu einem seiner vordringlichsten Reformvorhaben erklärt. Frankreich habe in der Vergangenheit „zu oft nachgegeben“, rechtfertigte er seine gegenüber Änderungswünschen der Gewerkschaften unnachgiebige Haltung. „Bis zum Ende“ wolle er die Reform durchziehen. Dies sei eine „Frage der Gleichbehandlung und Gerechtigkeit“. Mit seiner harten Haltung provozierte Sarkozy bei den Gewerkschaften viel Verbitterung. In ihrer Mehrheit sind sie nicht gegen die Reform. Sie beklagen jedoch die Art und Weise, wie die Regierung ihre Forderungen zurückwies, die Härten für einzelne Berufe abzumildern. Erst im letzten Augenblick erklärte sich Arbeitsminister Xavier Bertrand am Dienstagnachmittag bereit, die Gewerkschaftsführer und die betroffenen Unternehmenschefs zu einem Gespräch über die Rahmenbedingungen der Reform zu empfangen. Deren Prinzipien seien jedoch weiter nicht verhandelbar, erklärte er.

Für Präsident Sarkozy, der einen „Bruch“ mit der Politik seines Vorgängers versprochen hatte, steht die Glaubwürdigkeit seiner Reformversprechen auf dem Spiel. Er nimmt dafür auch in Kauf, an Popularität einzubüßen. Noch befürworten aber 55 Prozent der Befragten seine Politik. Die Regierung hat sich indes bereits auf eine längere Streikdauer eingestellt. „Legen Sie Ihre Sicherheitsgurte an“, gab Premierminister Francois Fillon schon vor Tagen als Parole aus.

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