zum Hauptinhalt
Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt Fracking prinzipiell ab. Bei einer Umfrage im Auftrag von Abgeordnetenwatch.org sagte 61 Prozent der Befragten, sie wollten Fracking verboten wissen.

© Holger Hollemann/dpa

Streit über Gesetz zur unkonventionellen Gasförderung: Fracking verschoben

Die große Koalition zieht ihren Gesetzentwurf zum Fracking vorläufig zurück. Der Streit dreht sich vor allem um eine Expertenkommission.

Der Bundestag wird am Freitag nicht über das Fracking-Gesetz diskutieren. Die große Koalition hat den umstrittenen Gesetzentwurf zurückgezogen und auf den Herbst verschoben. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), sagte, in seiner Fraktion gebe es noch „verschiedene Vorbehalte“. Hubertus Heil, Fraktions-Vize der SPD-Fraktion sagte, „beide Fraktionen haben noch Beratungsbedarf“.

Umweltschützer und Opposition lobten die Verschiebung und forderten erneut ein „eindeutiges Verbot für die Frackingtechnologie“, wie es BUND-Chef Hubert Weiger formulierte. Der Industrieverband BDI dagegen hält die Verschiebung für „nicht nachvollziehbar“. Stefan Mair, Mitglied der Hauptgeschäftsführung sagte: „Die Politik zeigt damit, dass sie sich zum Spielball künstlich erzeugter Ängste machen lässt.“ Auch Teile der Unionsfraktion reagierten enttäuscht. Joachim Pfeiffer vom Wirtschaftsflügel der CDU sagte: „Wir können uns keine Technikfeindlichkeit erlauben.“

SPD verteidigt konventionelle Erdgasförderung

Die SPD wolle weiterhin eine konventionelle Erdgasförderung wie in Niedersachsen ermöglichen, sagte Hubertus Heil, allerdings mit „massiven ökologischen Standards" und zugleich mit „Rechtssicherheit für die Unternehmen“. Beim Fracking wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und einem Chemikaliencocktail unter hohem Druck in die Erde verpresst. Dort sprengt die Mischung Schiefergestein auf, so dass darin gebundene Gasbläschen entweichen können. Ob dieses Fracking möglich sein soll, will die SPD über Probebohrungen mit wissenschaftlicher Begleitforschung erkunden, „um langfristig ökologisch unschädliche Verfahren zu erforschen“. Für Heil ist aber „energiepolitisch fragwürdig, ob unkonventionelles Fracking jemals im deutschen Energiemix eine große Rolle spielen wird“.

Streit über die Rechte einer Expertenkommission

Der Streit zwischen den Koalitionsfraktionen dreht sich vor allem um eine Expertenkommission, die „das Kanzleramt in den Gesetzentwurf verhandelt hat“, kritisiert der SPD-Umweltpolitiker Frank Schwabe. Diese Kommission soll die Ergebnisse von Probebohrungen auswerten und dann entscheiden dürfen, ob eine kommerzielle Nutzung erlaubt werden soll. Damit würde das Parlament entmachtet, argumentieren viele in der SPD-Fraktion, und auch die Energieexpertin der Grünen, Julia Verlinden, will nur das Parlament über kommerzielles Fracking entscheiden lassen.

Die Kampagnenorganisation Campact hat eine halbe Million Unterschriften gegen Fracking gesammelt. In den Wahlkreisen haben vielerorts Delegationen älterer Herren ihren Wahlkreisabgeordneten Petitionen überreicht, was auf diese offenbar ziemlich Eindruck gemacht hat. Warum vor allem die Expertenkommission so umstritten ist, erklärt sich mit einem Blick auf die Stellungnahme der Deutschen Technikakademie Acatech zum Fracking. Der Kernsatz des 68-Seiten-Gutachtens, das vor wenigen Tagen veröffentlicht worden ist, lautet: „Ein generelles Verbot von Hydraulic Fracturing lässt sich auf Basis wissenschaftlicher und technischer Fakten nicht begründen.“ Genau das befürchten Bürger und Abgeordnete offenbar.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false