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Krankenschwestern

© AFP

Streit um bulgarische Krankenschwestern: Bulgarien erlässt Libyen die Schulden

Wegen der Freilassung von fünf bulgarischen Krankenschwestern will die Regierung in Sofia auf Schuldzahlungen aus Tripolis verzichten. Die Frauen sagen, sie seien in libyscher Haft schwer gefoltert worden.

Gut eine Woche nach der Freilassung von fünf bulgarischen Krankenschwestern und einem Arzt in Libyen hat Bulgarien dem nordafrikanischen Land seine Schulden erlassen. Dadurch beteilige sich Bulgarien mit umgerechnet rund 41 Millionen Euro an dem internationalen Entschädigungsfonds für die Aids-infizierten libyschen Kinder, teilte die Regierung in Sofia mit. Bulgarien wolle der libyschen Führung helfen, ihre medizinischen Einrichtungen zu erneuern und die mit dem Aids-Virus angesteckten Kinder zu behandeln. Außerdem sollten die Familien der Kinder entschädigt werden.

Außenminister Iwailo Kalfin erinnerte daran, dass Libyen die nun erlassenen Schulden - die noch aus der Zeit des Kommunismus stammen - seit 18 Jahren nicht mehr getilgt habe. Die Regierung in Sofia hatte vergangene Woche angekündigt, dass sie Libyen die Schulden erlassen werde. Dies sei aber nicht als "Lösegeld oder Schuldeingeständnis" zu verstehen, sondern sei eine humanitäre Geste. Libyen hatte die sechs Bulgaren am Dienstag vergangener Woche nach jahrelangen Verhandlungen mit der Europäischen Union freigelassen.

Mit Büchern und Schläuchen geschlagen

Derweil wiederholten zwei der Krankenschwestern ihre Vorwürfe, sie seien in libyscher Haft gefoltert waren. So sagte Nassija Nenowa dem Online-Magazin "stern.de", sie sei mit Büchern und Schläuchen geschlagen und mit Stromschlägen gefoltert worden. "Sie legten mich auf ein Bett und verbanden meine Hände und Füße mit Kabeln. Mit einem Gürtel schnallten sie mich unter der Brust fest, damit ich mich nicht bewegen konnte. Es sind unbeschreibliche Schmerzen." Um der Folter zu entgehen, unternahm sie in Isolationshaft einen Selbstmordversuch.

Die Krankenschwester Kristjana Waltschewa, der palästinensischstämmige Arzt Aschraf al Hadschudsch und sie selbst seien so lange gefoltert worden, bis ihre Aussagen übereinstimmten, berichtete Nenowa. Auch die 55 Jahre alte Krankenschwester Sneschana Dimitrowa sagte, sie sei mit Stromschlägen gefoltert worden. Schwerer noch als der körperliche Schmerz seien aber die psychischen Folgen der Haft. Um die Trennung von ihren Angehörigen zu verkraften, habe sie mit Steinen und Sternen gesprochen, sagte Dimitrova. Die arabische Republik hatte die Krankenschwestern und den Arzt vor rund acht Jahren inhaftiert, weil sie Hunderten libyschen Kinder absichtlich HIV-verseuchte Blutkonserven gegeben haben sollen. Nach Angaben der Krankenschwestern lag es an der schlechten Hygiene in dem Krankenhaus, dass die Kinder sich infizierten. Unklar war nach wie vor, woher die 460 Millionen Dollar stammen, mit denen die Familien der Kinder entschädigt werden.

Nach Angaben der bulgarischen Regierung beteiligen sich derzeit 17 Regierungen, neun private Gesellschaften und eine nicht-staatliche Organisation an dem Fonds. Libyen hatte vergangene Woche erklärt, dass die EU und speziell Frankreich zu den Entschädigungen beigetragen hätten. Der französische Staatschef Nicolas Sarkozy behauptet dagegen, weder Frankreich noch Europa hätten auch nur "den geringsten Beitrag" geleistet. (mit AFP)

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