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Politik: Streit um Prodis künftige Regierung

Linksdemokraten sind empört, dass sie nicht den Parlamentspräsidenten stellen

Die stärkste Kraft in Prodis Mitte- Links-Bündnis, die italienischen Linksdemokraten, sehen sich gedemütigt. Das prestigeträchtige Amt des Parlamentspräsidenten geht nicht an ihren Spitzenfunktionär Massimo D’Alema, sondern an dessen ewigen Widersacher Fausto Bertinotti von den Kommunisten. Das hätten, so argwöhnen die Linksdemokraten, Romano Prodi und Bertinotti insgeheim längst unter sich ausgemacht; die Achse zwischen dem künftigen Regierungschef und den extremen Linken in der Koalition sei wohl die neue Machtlinie Italiens.

Noch ist Kommunistenchef Bertinotti nicht gewählt; das Abgeordnetenhaus tritt erst am kommenden Freitag zur konstituierenden Sitzung zusammen. Aber die Linksdemokraten sinnen bereits auf Rache – in politisch unverfänglichen Begriffen: Sie wollen das „legitime Gleichgewicht“ in der Koalition gewahrt sehen. Im Gespräch ist eine Kandidatur D’Alemas für das Amt des Staatspräsidenten; ob das allerdings eine Ehre für den schwer enttäuschten Spitzenpolitiker wäre oder – wegen drohender Aussichtslosigkeit – ihn eher für alle weiteren Ämter „verbrennen“ würde, darüber gehen die Meinungen auch seiner engeren Gesinnungsfreunde auseinander. Ferner liefern sich die kleinen und größeren Parteien hinter den Kulissen bereits ein hartes Gerangel um die Ministerposten – während Prodi sich in seiner Bologneser Heimat beim Radfahren erholt.

Silvio Berlusconi indes, auch wenn er Prodis Sieg bei den „irregulären Wahlen“ weiter nicht anerkennen will, hat mit seinen angekündigten Störmanövern begonnen: „Wir werden eine Regierung Prodi wehrlos machen.“ Als Erstes haben die Parteien der unterlegenen Rechten den früheren, siebenmaligen Regierungschef Giulio Andreotti (87) für das Amt des Senatspräsidenten benannt. Auf dem Weg an die Spitze der Zweiten Parlamentskammer könnte der einstige Chef der Christdemokraten auch Stimmen aus Prodis Lager auf sich ziehen und in der Tat die Mehrheit erreichen; damit würde Prodis eigener Kandidat, der Christdemokrat Franco Marini, unterliegen. Dies wiederum könnten die Rechten als ihren ersten großen Sieg deklarieren – und Prodi, der einen Prestigeposten weniger zu vergeben hätte, müsste sein prekäres innerkoalitionäres Gleichgewicht neu austarieren. Im Senat verfügt die Mitte-Links-Koalition lediglich über zwei Stimmen Mehrheit, und Berlusconi hat bereits angekündigt, für seine Attacken genau diese Schwachstelle zu nützen.

Da sich Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi weiterhin in Schweigen hüllt, bleibt unklar, wann Prodi mit dem Auftrag zur Regierungsbildung rechnen kann: vor dem 18. Mai, also vor dem Auslaufen der Amtszeit Ciampis, oder erst unter einem neuen Staatsoberhaupt. Die Mitte-Rechts-Parteien scheinen sich mittlerweile auf eine Wiederwahl des 85-Jährigen verständigt zu haben, während Prodis Linke in ihrem internen Proporzgerangel anscheinend die Richtung verloren hat. Ciampi selbst streut derzeit widersprüchliche Andeutungen über eine Bereitschaft zur Neukandidatur. Offenbar will er erst zustimmen, wenn ihn alle politischen Kräfte einstimmig auffordern, noch einmal anzutreten.

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