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Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann.

© dpa

Strengere Regeln: Kirche will jeden Missbrauchsverdacht melden

Die deutschen Bischöfe reagieren auf den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche: Neuen Leitlinien sehen vor, sexuellen Missbrauch entschlossener zu ahnden.

Berlin - Die neuen „Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger“ der Deutschen Bischofskonferenz enthalten eine „Pflicht zur Weiterleitung“ von Informationen an die Strafverfolgungsbehörden. Dies geht aus einem siebenseitigen Dokument hervor, das am Dienstag vom Trierer Bischof Stephan Ackermann als Missbrauchsbeauftragten und dem Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer, in Trier vorgestellt wurde. Am heutigen Mittwoch treten die neuen Leitlinien in Kraft. Sie unterscheiden sich noch in einem anderen Punkt wesentlich von der alten Version aus dem Jahr 2002: Um zu verhindern, dass Verbrechen vertuscht werden, sollen bei einem Ortswechsel eines Täters der neue Dienstherr und, wenn der Persönlichkeitsschutz gewahrt bleibt, auch die Öffentlichkeit über die Vergehen aufgeklärt werden.

Die katholischen Bischöfe einigten sich ferner darauf, dass jedes Bistum einen Missbrauchsbeauftragten ernennen soll, der nicht der Bistumsleitung angehören darf – wie es in einigen Bistümern, darunter Berlin, bis jetzt der Fall ist. Wenn der Bischof mehrere Personen ernennt, „soll mindestens eine Person nicht der Bistumsleitung angehören“. Will der Bischof die Ermittlungshoheit nicht an eine externe Person abgeben, kann er drei Personen beauftragen, zwei aus der Kirchenleitung und eine externe. Es wird also auch in Zukunft auf den jeweiligen Bischof ankommen, wie groß die Unabhängigkeit und damit auch die Glaubwürdigkeit der Ermittlungen sein werden. Die Richtlinien schreiben außerdem fest, dass der Bischof und nicht etwa der unabhängige Missbrauchsbeauftragte bestimmt, wer mit einem Opfer spricht. Wenn der Personalchef oder gar der Bischof selbst das Gespräch führen, werde sich nicht jeder Betroffene so frei äußern können wie gegenüber einem externen Juristen oder Therapeuten, wenden Kritiker ein.

Am heftigsten wurde innerhalb wie außerhalb der Kirche über die Frage einer Anzeigenpflicht diskutiert. Die katholischen Bischöfe haben in den Leitlinien einen Kompromiss gefunden: „Sobald tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht eines sexuellen Missbrauchs vorliegen, leitet die Bistumsleistung die Informationen an die staatliche Strafverfolgungsbehörde und, soweit rechtlich geboten, an andere zuständige Behörden, etwa ans Jugendamt oder an die Schulaufsicht, weiter“, heißt es in den neuen Richtlinien. Diese „Pflicht zur Weiterleitung“ entfalle „nur ausnahmsweise“, wenn dies dem ausdrücklichen Wunsch des Opfers oder dessen Eltern entspricht und ausgeschlossen ist, dass es zu weiteren Taten kommt. Bestätigt sich der Missbrauchsverdacht, muss sichergestellt werden, dass der Täter nicht mehr mit Kindern und Jugendlichen arbeitet.

Die neuen Leitlinien gelten für Kleriker, Ordensleute sowie für nichtgeistliche und ehrenamtliche Mitarbeiter der katholischen Kirche. Allerdings handelt es sich nur um Empfehlungen, die kirchenrechtlich nicht bindend sind. Hält sich ein Bischof nicht daran, kann ihn die Bischofskonferenz nicht bestrafen.

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