zum Hauptinhalt
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU)

© dpa

Strompreise: Die lange Leitung der Politik

Die Strompreise drohen weiter zu steigen: Die EEG-Umlage steigt offenbar auf 5,3 Cent. Wird Strom ein Luxusgut? Was dagegen helfen könnte, ist unklar.

Von Matthias Schlegel

Das hatte sich Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) wohl anders vorgestellt: Da setzt er sich mit Umwelt-, Wirtschafts- und Sozialverbänden, Kommunen und Vertretern der Energiebranche an einen Tisch, um über sinnvolle Wege zum Stromsparen zu diskutieren – und erntet vor allem Kritik. Die Grünen sprechen von „Symbolpolitik“ und „Scheinmanövern“.

Denn schon vor dem Spitzentreffen im Umweltministerium am Dienstag konzentrierte sich das öffentliche Interesse viel stärker auf die Frage, wie der drohende deutliche Anstieg der Strompreise in Deutschland zu verhindern sei. Und da wurde vom Umweltminister mehr erwartet als eine blumige Absichtserklärung zur Energieberatung. Dieser verweist auf den Donnerstag – da will er Vorschläge zur Weiterentwicklung des Erneuerbare- Energien-Gesetzes (EEG) machen. Und dass die Strompreise steigen werden, liegt auch an der EEG-Umlage. Die soll auf 5,3 Cent steigen, das verlautete aus Regierungskreisen - so kommen allein dadurch Mehrkosten von knapp 60 Euro auf einen Durchschnittshaushalt zu.

Warum steigt der Strompreis immer weiter?

Neben der allgemeinen Marktentwicklung hängt das vor allem mit den Kosten für den Ausbau der erneuerbaren Energien zusammen. Das EEG regelt, dass Energie von Sonne, Wind, Erdwärme und Biomasse bevorzugt ins Netz eingespeist und mit höheren als den marktüblichen Preisen vergütet wird. Bis spätestens 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Stromverbrauch auf mindestens 35 Prozent, bis 2050 auf mindestens 80 Prozent gesteigert werden.

Das EEG bildet somit die Basis für eine Umlage, mit der die Kosten für die Förderung der erneuerbaren Energien auf den Strompreis umgelegt werden. Auch dass der Ausbau der Stromnetze angesichts immer größerer Entfernungen zwischen Energieerzeuger und Energienutzer, etwa bei Offshore-Windparks, teurer wird, schlägt sich über die Netzentgelte im Strompreis nieder.

Mit welchen weiteren Erhöhungen ist demnächst zu rechnen?

Derzeit beträgt die sogenannte EEG-Umlage knapp 3,6 Cent je Kilowattstunde. Das ist etwa ein Siebtel des durchschnittlich bei allen Haushalten kassierten Strompreises. Am kommenden Montag geben die Übertragungsnetzbetreiber – das sind jene Unternehmen, die den Ökostrom vermarkten – die Höhe der EEG-Umlage für das Jahr 2013 bekannt. Sie soll auf 5,3 Cent steigen, das bestätigten Regierungskreise der Nachrichtenagentur Reuters.

Bei einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden pro Jahr und einer Umlage in dieser Höhe könnte sich das auf 50 bis 60 Euro Mehrkosten summieren, auf die dann noch die Mehrwertsteuer aufgeschlagen wird.

Die höhere Umlage resultiert vor allem daraus, dass in der Vergangenheit der Zuwachs der Energieerzeugung zum Beispiel aus Photovoltaikanlagen um das Zwei- bis Dreifache über der ursprünglich geplanten Größenordnung lag, also deutlich höhere Förderkosten verursachte.

Wie können Strompreiserhöhungen eingedämmt werden?

Nach Ansicht der Grünen wäre schon viel geholfen, wenn all jene Unternehmen, die von der Zahlung der EEG-Umlage ausgenommen sind, künftig auch zur Kasse gebeten würden. Die Ausnahmen waren einst damit begründet worden, dass Unternehmen aus besonders energieintensiven Branchen sonst gravierenden Wettbewerbsnachteilen auf dem internationalen Markt ausgesetzt wären.

Der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) bezweifelt die Sinnhaftigkeit der Ausnahmeregelungen. Seien von Rot- Grün damals 400 Betriebe von der Umlage befreit worden, profitierten heute mehr als 2000 Unternehmen davon, darunter Hähnchenmastbetriebe, Golfplätze und Rechenzentren. „Das ist eine reine Subventioniererei geworden“, sagte Trittin der dpa.

Der Saarbrücker Wirtschaftswissenschaftler Uwe Leprich sagte im Deutschlandradio Kultur, mittlerweile sei rund die Hälfte des Stromverbrauchs der Industrie ganz oder teilweise von der Umlage freigestellt.

Die FDP bringt derweil einen Steuersenkungsvorschlag in die Debatte ein. Weil der Bund durch steigende Strompreise höhere Mehrwertsteuereinnahmen habe, solle die Stromsteuer in genau diesem Umfang gesenkt werden, sagte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle. Das verstehen die Liberalen als kurzfristige Maßnahme. Langfristig müsse man im gesamten europäischen Binnenmarkt ein Mengenmodell für erneuerbare Energien einführen. Beim Koalitionspartner stößt die FDP allerdings auf wenig Gegenliebe: Jeder habe das Recht, Vorschläge zu machen, sagte Umweltminister Altmaier. Aber das Hantieren mit Steuern sei nicht die richtige Antwort auf steigende Energiepreise.

"Strom darf kein Luxusgut werden"

Was bringt das Stromsparen?

Natürlich: Wer weniger Energie verbraucht, muss weniger bezahlen. Die Bundesregierung will den Stromverbrauch in Deutschland bis 2020 um 10 Prozent und den Primärenergieverbrauch um 18 Prozent senken. Der Bundesumweltminister sieht zunächst einmal in intensiverer Energieberatung vor allem für sozial Schwache „eine Möglichkeit, dem Strompreis ein Schnippchen zu schlagen“.

Die Pläne bleiben freilich vage: Bis 2020 soll allen Haushalten die Möglichkeit gegeben werden, eine solche Beratung in Anspruch zu nehmen. Bislang hat davon nur jeder zehnte Haushalt Gebrauch gemacht. Einkommensschwachen stellt Altmaier „Hilfsangebote“ für die Anschaffung energiesparender Geräte in Aussicht, eine „Abwrackprämie“ für alte Stromfresser lehnt er aber ab.

Letzteres fordert hingegen AWO-Bundesvorsitzender Wolfgang Stadler. Zum Verzicht aufzurufen, sei keine Lösung, Strom dürfe nicht zum Luxusgut werden.

Der Caritasverband hingegen begrüßt Altmaiers Pläne. An gemeinsam mit dem Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen organisierten kostenlosen Stromspar-Checks hätten sich bereits mehr als 80000 einkommensschwache Haushalte beteiligt. Allein durch Installation kleiner Energiesparartikel hätten sich dort die Stromkosten um durchschnittlich 86 Euro pro Jahr reduzieren lassen. Das müsse auf breitere Basis gestellt werden. (mit Reuters)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false