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© dpa

Studie: Kritische Demokraten

Eine Große Mehrheit der Bundesbürger steht hinter dem politischen System – aber viele wünschen sich Veränderungen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Freien Universität Berlin. Rechtsextremistische Einstellungen hegen nach der Studie zehn Prozent der Deutschen.

Die Deutschen sind in der großen Mehrheit Demokraten (wenn auch eher kritische), und der Kreis derer, die ausgeprägte rechtsextremistische Einstellungen teilen, ist in den letzten Jahren kleiner geworden. Das ist das Ergebnis einer groß angelegten Studie der Politologen Oskar Niedermayer und Richard Stöss von der Freien Universität, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Demnach können 92 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren als demokratisch gesinnt eingestuft werden. Laut Niedermayer sind nur vier Prozent der Deutschen handfeste Antidemokraten, die ganz grundsätzlich die Idee der Demokratie ablehnen und ein anderes System wollen. Im Westen sind es drei (in West-Berlin sogar nur zwei), im Osten sechs Prozent. Forsa-Chef Manfred Güllner, dessen Institut die Umfragen bei 6000 Bürgern durchführte, nannte die unlängst kursierende Zahl von einem Drittel demokratieferner Bürger vor dem Hintergrund der eigenen Studie einen „gefährlichen Unfug“.

Was die Studie deutlich macht, ist jedoch eine verbreitete kritische Haltung zur Demokratie, wie sie nach dem Grundgesetz vorgesehen ist (also die parlamentarische Parteiendemokratie), und wie sie tatsächlich erfahren wird. Als „systemkritisch“ stufen Niedermayer und Stöss 17 Prozent der Bevölkerung ein – Bürger, die sich eine andere Form der Demokratie wünschen. Wobei die Studie nicht danach gefragt hat, welche Form es denn sein soll: mehr plebiszitär, mit einem anderen Wahlsystem, oder stärker auf Führungspersonen orientiert (wobei immerhin 14 Prozent meinen, es sollte einen Führer geben, der Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert).

Kritikbereitschaft gehöre zur Demokratie

Als politikkritische Demokraten bezeichnet die Studie jene 30 Prozent, die zwar die Demokratieform des Grundgesetzes gutheißen, aber mit dem tatsächlichen Funktionieren ihre Probleme haben. 39 Prozent sind zufriedene Demokraten – diese gibt es vor allem bei den Beamten (57 Prozent), während der höchste Anteil an „Systemkritischen“ bei den Arbeitern und Arbeitslosen (je etwa ein Viertel) vorkommt. Durchgängig jeweils etwa ein Drittel der Angestellten, Arbeiter, Selbstständigen und Beamten fällt in die Rubrik „politikkritische Demokraten“ – für Niedermayer ein logischer Befund, denn Kritikbereitschaft gehöre zur Demokratie.

Dass ein erheblicher Anteil der Bürger aber systemkritisch eingestellt sei, „sollte den Politikern zu denken geben“, meinte der FU-Politologe. Und die Beurteilung der Verhältnisse hängt nicht zuletzt mit dem Bild der Handelnden zusammen, das die Bürger haben: „Je schlechter die Befragten die Parteien beurteilen, desto demokratiekritischer sind sie eingestellt“, lautet das Fazit von Stöss und Niedermayer. Weitere Faktoren sind geringes Interesse an Politik, niedriger Einkommens- und Bildungsstatus, ein Gefühl der Benachteiligung oder eine positive Einstellung zur DDR. „Neunzig Prozent derjenigen, die antidemokratisch denken, sind auch extrem antikapitalistisch eingestellt“, merkte Stöss an.

Rechtsextremistische Einstellungen hegen zehn Prozent der Deutschen

Rechtsextremistische Einstellungen hegen nach der Studie zehn Prozent der Deutschen, wobei der Unterschied zwischen West (neun Prozent) und Ost (elf Prozent) mittlerweile fast eingeebnet ist. „In den letzten Jahren ist damit der Anteil flächendeckend zurückgegangen“, sagt Stöss. Allerdings liegt er noch höher als zu Beginn des Jahrzehnts. Die Bereitschaft, eine rechtsextreme Partei zu wählen, liegt in Berlin bei sieben Prozent, in Brandenburg denken elf Prozent rechtsextremistisch. Die Bereitschaft, etwa NPD, Republikaner oder DVU zu wählen, liegt in beiden Ländern deutlich darunter: In Berlin sind es fünf, in Brandenburg (wo am Sonntag Kommunalwahlen sind) sechs Prozent.

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