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Sudan: Britische Lehrerin kommt frei

Nach dem Streit um den Namen Mohammed für einen Teddybären glätten sich die Wogen. Eine muslimische Delegation aus London vermittelte in Khartum. Gillian Gibbons muss nicht länger im Gefängnis bleiben.

Von Markus Hesselmann

Der Präsident ließ die Emissäre aus dem Land der früheren Kolonialherren noch etwas warten. Dann erging der Gnadenbeschluss: Gillian Gibbons, deren Vergehen es war, dass ihre sudanesischen Schüler einen Teddybären Mohammed genannt hatten, kommt sofort frei. Von ihrer 15-tägigen Gefängnisstrafe saß die Lehrerin die Hälfte ab. Die Mission der britischen Oberhausabgeordneten Lord Nazir Ahmed und Baroness Sayeeda Warsi, die nach Khartum geflogen waren, um sich bei Staatschef Omar al Bashir für Gibbons’ Freilassung einzusetzen, war am Ende doch noch erfolgreich. Am Sonntag waren die beiden muslimischen Politiker zunächst nicht bis zu Bashir vorgedrungen. Sie verschoben ihren Rückflug, als sie für Montag doch einen Termin bekamen.

„Ich begrüße die Intervention von Präsident al Bashir“, sagte der britische Außenminister David Miliband. Er hatte mehrfach den sudanesischen Botschafter einbestellt und sich in Telefonaten mit der Regierung in Khartum um die Klärung des Falles bemüht. Ganz besonders dankte Miliband den beiden muslimischen Politikern, deren Flug in den Sudan als private Initiative gilt, sowie Vertretern muslimischer Verbände in Großbritannien. Sie alle hätten seine Ansicht geteilt, dass die Benennung eines Teddybären nach dem Propheten Mohammed kein strafwürdiges Vergehen, sondern „ein unschuldiges Missverständnis“ gewesen sei. Auch Premier Gordon Brown würdigte die Anteilnahme der britischen Muslimverbände.

Gibbons war aus Liverpool in den Sudan gekommen. Der Teddybär war Teil eines Projekts für Zweitklässler. In einer Abstimmung über den Namen des Plüschtiers hatte sich die Mehrheit der Schüler für Mohammed entschieden, einen alltäglichen Jungennamen im Sudan und der gesamten muslimischen Welt. Eine Sekretärin der Schule sah darin jedoch eineVerunglimpfung des Propheten Mohammed und zeigte die Lehrerin an. Ein Gericht urteilte darauf, Gibbons habe den Islam beleidigt.

Miliband sagte, die britische Botschaft in Khartum kümmere sich nun um Gillian Gibbons und diskutiere mit ihr „über ihre Präferenzen für eine Rückreise ins Vereinigte Königreich“. Gibbons selbst hatte zuvor gesagt, dass sie am liebsten ihre Arbeit im Sudan fortsetzen würde. Der Evangelische Pressedienst, der sich auf einen Berater Bashirs beruft, berichtete indes, die 54-Jährige solle noch am Montag ausgeflogen werden. Das ursprüngliche Urteil hatte auf 15 Tage Haft und die sofortige Ausweisung gelautet. In einer in Khartum verlesenen Erklärung entschuldigte Gibbons sich am Montag für mögliche Verletzungen religiöser Gefühle. „Ich habe großen Respekt vor dem Islam und würde die Religion niemals wissentlich verunglimpfen“, teilte sie mit. Sie sei in der Haft gut behandelt worden.

Sudans Staatschef al Bashir konnte die Affäre nutzen, um zunächst Härte und dann mit großer Geste Menschlichkeit zu zeigen – wohl auch in der Hoffnung, sein Profil für Verhandlungen um die sudanesische Krisenregion Darfur und den langjährigen Konflikt mit den Rebellen im Süden des Landes zu schärfen.

Doch das gefällt offenbar nicht allen. Nach einem Bericht des Senders Al Dschasira hatte der im Sudan einflussreiche Rat der Islamgelehrten die Regierung gedrängt, die Lehrerin nicht zu begnadigen. Der Ruf Khartums bei Muslimen in aller Welt würde darunter leiden, hieß es.

Zumindest die Muslime in Großbritannien denken da offensichtlich anders. Sie befürchten eher Schaden für den Ruf des Islam durch die Inhaftierung der Lehrerin. In Großbritannien hatte es harsche Kritik von muslimischen Verbänden an dem Urteil gegeben. Der britische Rat der Muslime sprach in einer Erklärung von einer „schändlichen Entscheidung“ des Gerichts in Khartum, „die dem gesunden Menschenverstand spottet“.

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