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Sudan: Unruhen nach Garangs Tod

Nach dem Tod des sudanesischen Vizepräsidenten und Ex-Rebellenchefs John Garang ist es in der sudanesischen Hauptstadt Khartum zu Unruhen und Plünderungen gekommen.

Khartum/Kairo (01.08.2005, 17:00 Uhr) - Knapp einen Monat nach seiner Vereidigung als Vizepräsident Sudans ist Ex-Rebellenchef John Garang bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Die sudanesische Regierung und die Ex-Rebellenbewegung SPLM erklärten beide, an dem im Januar unterzeichneten Friedensabkommen festzuhalten. Garang galt als Schlüsselfigur für den Friedensprozess. Im Süden des Landes und in der Hauptstadt Khartum brachen kurz nach Bekanntgabe des Todes schwere Unruhen aus. Aufgebrachte Südsudanesen setzten Autos und Geschäfte in Brand. Nach Angaben von Augenzeugen kamen mehrere Menschen ums Leben. Am Abend verhängte die Regierung eine nächtliche Ausgangssperre in Khartum.

Der Chef der Armee im Süden, Salva Kiir, übernehme die Nachfolge Garangs in allen Ämtern, teilte die SPLM (Sudanesische Volksbefreiungsbewegung) mit. Garang war sowohl Vizepräsident in der gesamtsudanesischen Regierung als auch Präsident einer im Aufbau befindlichen Regierung für den weitgehend unabhängigen Süden. Aus Khartum gab es dafür zunächst keine Bestätigung. Kiir wird ein kollegialerer Führungsstil nachgesagt als Garang, der den Ruf eines brutalen Alleinherrschers hatte.

Die SPLM betonte außerdem, dass es bislang keine Hinweise auf einen Anschlag gebe. «Der Tod Garangs kommt zu einem unglücklichen Zeitpunkt», sagte ein SPLM-Sprecher in Nairobi. «Viele werden nicht daran glauben, dass es ein Unfall war», fügte er hinzu. Die Führung der SPLM beriet am Montagabend in New Site im Süden Sudans, wo Garang eine Residenz hatte, über die Beerdigungsfeierlichkeiten.

Ein von den Vereinten Nationen entsandter Hubschrauber hatte die Leiche Garangs vom Unfallort im Südsudan nach New Site nahe der kenianischen Grenze gebracht. Nach offiziellen Angaben verunglückte der Hubschrauber bereits am Samstag. Garang war in Begleitung mehrerer Leibwächter in Uganda gestartet, wo er zu politischen Gesprächen war. Unfallursache sei die geringe Sicht auf Grund schlechten Wetters gewesen. Alle 14 Menschen an Bord kamen ums Leben.

«Der Tod von Dr. John Garang bedeutet einen großen Verlust. Der Friedensprozess wird fortgesetzt», betonte die sudanesische Regierung. Das Staatsfernsehen unterbrach sein Programm und sendete einen Nachruf auf den langjährigen Rebellenchef, der nun als «Märtyrer des Friedens» bezeichnet wurde.

In Juba und der ölreichen Gegend um Malakal kam es zu heftigen Schießereien. Mindestens ein Mensch kam nach Angaben von Hilfsorganisationen ums Leben. Soldaten der SPLM griffen Geschäfte «arabischer» Inhaber und Stellungen der Regierungssoldaten an.

Die EU rief zur Umsetzung des im Januar unterzeichneten Friedensabkommens auf. «Es gibt keine Alternative», betonte der Beauftragte für die gemeinsame EU-Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, in Brüssel. Er mahnte die Menschen in Sudan zur Zurückhaltung.

Der 60 Jahre alte Garang hatte etwa zwei Jahrzehnte die Rebellenbewegung im längsten Bürgerkrieg des Kontinents angeführt. Der Krieg war ausgebrochen, als die Regierung in Khartum die islamische Rechtsprechung im christlich und animistisch geprägten Süden einführen wollte. Er verschlimmerte sich mit der Entdeckung großer Ölvorkommen im Süden. In den vergangenen beiden Jahren handelte Garang mit dem damaligen Vizepräsidenten Ali Osman Taha ein Friedensabkommen aus, wonach der Süden weitgehend unabhängig wird und die Hälfte der Öleinnahmen bekommen soll. (tso)

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