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Polizei im Einsatz (Symbolbild).

© dpa

Update

Suizid eines Flüchtlings: Polizei bestreitet hetzende Stimmung in Schmölln

Laut Polizei hat es während des Suizids eines Flüchtlings in Schmölln keine hetzenden Aussagen gegeben. Der Bürgermeister hatte zuvor berichtet, es habe "Spring doch"-Äußerungen gegeben.

Die Polizei in Thüringen hat eine hetzende Stimmung während eines Suizids eines jungen Flüchtlings in Schmölln bestritten. "Wir haben dort keine Person brüllen hören oder ähnliches", sagte ein Sprecher der Landespolizei am Sonntag. Eine vom Schmöllner Bürgermeister als Quelle für die Aussage, es sei zu "Spring doch"-Rufen gekommen, genutzte Frau habe auf Nachfrage der Polizei sehr zurückhaltend und im Konjunktiv geantwortet.

Schmöllns Bürgermeister Sven Schrade (SPD) hatte auf einer Pressekonferenz am Samstag und auf seiner Facebook-Seite berichtet, es sollen "Spring doch"-Äußerungen gefallen sein. Außerdem hätten ihn Bildaufnahmen erreicht, "die den Jungen auf dem Fensterbrett sitzend zeigten, versehen mit unbegreiflichen Kommentaren".

Der Polizeisprecher sagte hingegen, die Polizei und Feuerwehrleute vor Ort hätten während ihres mehrstündigen Einsatzes keine Rufe gehört und es sei auch kein besonderer Auflauf an Schaulustigen gewesen. Allerdings seien in dem Tatort, einem Plattenbau, sehr viele Balkone und natürlich immer Menschen, die irgendetwas rufen könnten.

Die vom Bürgermeister genutzte Quelle habe auf Polizeinachfrage gesagt, sie wisse von jemandem, der sinngemäß gehört haben wolle, dann soll er doch springen. Der Polizeisprecher sagte, schon wegen der vielen Konjunktive der Frau wisse er nicht, was tatsächlich gehört wurde. Er könne aber nicht definitiv ausschließen, dass tatsächlich so etwas gefallen sei.

Laut Polizei hatte sich der Flüchtling am Freitag aus dem Fenster seiner Unterkunft gestürzt. Die Beamten gehen von Suizid aus. Den Angaben zufolge war der Jugendliche zuvor wegen psychischer Probleme in Behandlung. Kurz vor der Tat habe er in der Unterkunft randaliert, weshalb die Polizei gerufen wurde. Die Beamten konnten ihn aber nicht mehr vom Sprung aus dem fünften Stock abhalten.

Zum Alter des jungen Mannes gibt es noch unterschiedliche Angaben. Bürgermeister Sven Schrade schreibt auf Facebook von dem "15-Jährigen", ebenso der MDR. Die Agentur berichtet, der Somalier sei 17 Jahre alt gewesen.

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Polizei und Feuerwehr bestätigten, dass sich Schaulustige vor der Unterkunft aufgehalten hätten. Nach Angaben der Polizei vom Samstagabend filmte ein Passant die Szenen mit einem Handy. Er sei noch vor Ort gebeten worden, das Video zu löschen, was er vor den Augen der Beamten auch getan habe. Offenbar wurden auch Fotos von den umliegenden Balkonen gemacht. Der stellvertretende Landrat des Altenburger Landes, Matthias Bergmann, sagte laut MDR auf einer Pressekonferenz, es sei "ein schockierendes Ereignis, dass solche Vorfälle wie ein Kinofilm begriffen" würden.

Bürgermeister Schrade sagte auf Anfrage, zunächst müssten die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abgewartet werden. Sie werde bei solchen Fällen automatisch eingeschaltet. Von einem Fremdverschulden werde nicht ausgegangen.

Sollten sich die angeblichen Rufe wie „Spring doch“ bewahrheiten, sei das nicht tolerierbar, schrieb der Bürgermeister auf seiner Facebook-Seite. „Es ist verachtenswert, ja unmenschlich. Ob Geflüchtete oder hier Lebende: Wir alle sind Menschen.“ Zudem schrieb er: „Leider erreichten mich heute auch Bildaufnahmen, die den Jungen auf dem Fensterbrett sitzend zeigten, versehen mit unbegreiflichen Kommentaren.“ (Tsp/dpa/AFP)

Der Tagesspiegel berichtet nur ausnahmsweise über Selbstmorde. Und zwar in Fällen von besonderem öffentlichen Interesse. Hilfe finden Menschen mit Suizidgedanken bei der Berliner Telefonseelsorge: 0800 111 0 111 (gebührenfrei).

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