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Kämpfer der Freien Syrischen Armee in Damaskus. Sie werfen den Regierungstruppen Assads vor, Giftgasanschläge begangen zu haben.

© AFP

Update

Syrien: Beweise für Giftgas-Angriff könnten bereits zerstört sein

Die syrische Regierung will dem UN-Chemiewaffeninspekteuren nun doch Zugang zu den Dörfern gewähren, die mit Giftgas bombardiert worden sein sollen. Doch die britische Regierung befürchtet, dass wichtige Beweise bereits zerstört sind.

Die syrische Führung will den Chemiewaffeninspekteuren der Vereinten Nationen jetzt doch Zugang zu den angeblich mit Giftgas bombardierten Dörfern im Umland von Damaskus gewähren. Eine entsprechende Vereinbarung erzielte die deutsche UN-Diplomatin Angela Kane am Sonntag bei einem Gespräch mit Außenminister Walid al-Muallim. Nach Angaben der UN soll die Untersuchung in dem Bezirk östlich von Damaskus am Montag beginnen. Die Sicherheitslage in dem umkämpften Gebiet gilt als sehr schlecht. Die Opposition hatte am Samstag erklärt, sie könne im Rebellengebiet die Sicherheit der UN-Experten gewährleisten.

US-Marine verstärkte Präsenz im östlichen Mittelmeer

Die syrische Regierung hatte es zunächst abgelehnt, eine Fahrt der Inspekteure in den Bezirk Al-Ghuta Al-Scharkija zu erlauben, in dem am vergangenen Mittwoch mehrere Hundert Menschen durch Nervengas ums Leben gekommen sein sollen. Daraufhin hatten die USA, Frankreich und Großbritannien den Druck auf das Regime in Damaskus erhöht. Die US-Marine verstärkte ihre Flottenpräsenz im östlichen Mittelmeer.

Am Sonntag gab es Anzeichen, dass das Weiße Haus näher an die militärische Option heranrücken könnte. Aus der US-Regierung hieß es, es bestehe „sehr wenig Zweifel daran“, dass Assads Truppen chemische Waffen gegen Zivilisten eingesetzt hätten. Auch der Zugang für UN-Kontrolleure ändere daran wenig. Die nun in Aussicht gestellten Kontrollen kämen „zu spät, um glaubwürdig zu sein“. In einem Schreiben, über das die "New York Times" berichtete, formulierte ein anonymer Regierungsmitarbeiter, „angesichts der Opferzahl, der berichteten Symptome, Zeugenaussagen und anderer Tatsachen“ bestünde zum jetzigen Zeitpunkt kaum Zweifel, dass „das syrische Regime“ die Waffen eingesetzt habe. Zudem, so heißt es, unterscheide sich der Vorfall vom vergangenen Mittwoch von früheren Fällen, in denen der Einsatz von Chemiewaffen vermutet worden war. Der Angriff sei willkürlich und wahllos erfolgt.

Handfeste Belege für einen mutmaßlichen Chemiewaffenangriff der syrischen Truppen nahe Damaskus könnten nach Ansicht Großbritanniens allerdings bereits zerstört sein. Unter anderem durch Artilleriebeschuss der Gegend seien Beweise vermutlich nicht mehr zu finden, sagte der britische Außenminister William Hague am Sonntagabend vor Journalisten in London. „Wir müssen realistisch sein angesichts dessen, was das UN-Team erreichen kann.“. Es deute aber alles darauf hin, dass die Truppen von Präsident Baschar al-Assad Giftgas eingesetzt hätten. Dafür gebe es „schon jetzt viele Beweise“.

Vertriebene fliehen in Richtung Türkei

Diplomaten aus den Staaten der sogenannten Kontaktgruppe der Freunde Syriens berieten am Wochenende intensiv über mögliche weitere, auch militärische, Schritte. Ursprünglich hatte das Regime von Präsident Baschar al-Assad den Inspekteuren, die sich seit einer Woche in Syrien aufhalten, nur die Untersuchung von drei mutmaßlichen Giftgas-Einsätzen in den Provinzen Damaskus-Land, Homs und Aleppo erlaubt. Alle drei Vorfälle liegen schon Monate zurück.

Am Sonntag trafen nach Angaben von Aktivisten Hunderte Vertriebene in dem Lager Bab al-Salama an der Grenze zur Türkei ein. Sie sagten, sie hätten ihre Häuser aus Angst vor weiteren Giftgas-Angriffen verlassen.

Die staatlichen syrischen Medien verbreiteten unterdessen Fotos und Erklärungen des Militärs, die belegen sollen, dass die Rebellen im Osten von Damaskus Giftgas eingesetzt hätten und nicht das Regime.

Aus dem Außenministerium hieß es nach dem Gespräch Al-Muallims mit Kane: „Al-Muallim hat erklärt, dass Syrien bereit ist, bei dieser Untersuchung mit den Inspekteuren zusammenzuarbeiten, um die Vorwürfe der Terroristen, die Regierungstruppen hätten in Al-Ghuta Al-Scharkija chemische Kampfstoffe benutzt, als Lügen zu entlarven.“ (mit dpa/AFP)

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