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Die Waffen sprechen. Dieses Youtube-Video zeigt Einschläge von Granaten in der Protesthochburg Homs. Die Angriffe der Regierungstruppen gehen laut Opposition weiter.

© AFP

Syrien: Demonstranten testen Waffenruhe

Zehntausende Syrer protestieren gegen das Assad-Regime, in mehreren Städten sind wieder Kämpfe entbrannt. Seit Beginn der angeblichen Waffenruhe sind in dem Land 120 Menschen getötet worden.

Kofi Annans Sprecher hat nichts Gutes zu verkünden. „Der Waffenstillstand ist sehr fragil, die Lage vor Ort ist nicht gut“, erklärte er in New York. Überall im Land wird weitergekämpft, geschossen und gestorben. Vor allem in der Stadt Homs, aber auch in Qusayr und Der-Ezzor sind die Kämpfe in den letzten 48 Stunden wieder voll entbrannt. Mehrere Wohnviertel lagen unter Artilleriefeuer. „Alle fünf Minuten gibt es einen Einschlag“, meldeten die verstörten Bewohner aus Homs nach draußen. Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen sind seit dem offiziellen Beginn der angeblichen Waffenruhe vor gut einer Woche mehr als 120 Menschen gestorben, die Zahl der Toten seit Beginn der Unruhen im März 2011 hat die Marke von 10 000 überschritten.

Und die Regimegegner zeigten sich am Freitag entschlossen, die Schwüre des Regimes für ein Ende der Gewalt zu testen. „Wir werden siegen, und Assad wird verlieren“, hatten sie über Facebook als Motto ihrer Kundgebungen ausgegeben. Und überall im Land gingen wieder Zehntausende auf die Straße und forderten das Ende des Baath-Regimes.

Tags zuvor hatte das bisher siebenköpfige Vorausteam der UN-Beobachter mit dem Regime eine „vorläufige Vereinbarung“ geschlossen, die ihnen fortan ungehinderten Zugang zu allen Orten gewährt. Bislang dürfen die Blauhelme nicht nach Homs fahren, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Die Vereinbarung sieht allerdings auch vor, dass die Aktivitäten der Beobachter an Freitagen ruhen, „um einer Eskalation vorzubeugen“. Dies stieß bei der syrischen Opposition auf heftige Ablehnung, gibt es doch gerade freitags bei den Demonstrationen die meisten Gewalttaten der Sicherheitskräfte gegen die Bürger.

Frankreichs Außenminister Alain Juppé schloss sich dieser Kritik an und forderte, die UN-Beobachter müssten auch das Recht der syrischen Bürger auf friedliche Kundgebungen schützen. „Wir brauchen gut ausgestattete Beobachter vor Ort, ausgerüstet mit Helikoptern“, sagte der Minister. „Mit dem Tag, an dem die Demonstrationsfreiheit garantiert ist, ist das Regime am Ende.“

Am Donnerstag hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die syrische Führung mit ungewöhnlich scharfen Worten angegriffen. Die Lage sei „hochgradig gefährlich“, es gebe „tief beunruhigende Beweise“ dafür, dass das Regime mit seiner tödlichen Unterdrückung weitermache. Ban prangerte den Beschuss von Wohnvierteln an, den Streitkräften warf er „schwere Untaten“ vor. Auch seien bisher kaum inhaftierte Regimegegner freigelassen worden. US-Außenministerin Hillary Clinton warb in Paris beim dritten Treffen der „Freunde Syriens“ für einen deutlich härtere Gangart gegenüber Assad. Der UN-Sicherheitsrat müsse Sanktionen und ein Waffenembargo verhängen, wenn die Verletzungen des Waffenstillstandes nicht aufhörten, sagte Clinton. Russland und China hatten einen solchen Schritt des Weltgremiums bisher schon zweimal mit ihrem Veto blockiert.

Dagegen gab Russland am Freitag zu verstehen, es sei mit der in den kommenden drei Monaten geplanten Ausweitung der UN-Mission in Syrien auf 300 Beobachter einverstanden und werde eine entsprechende Resolution des UN-Sicherheitsrates mittragen. Außenminister Sergej Lawrow machte aber zur Bedingung, das UN-Dokument müsse alle Gruppen im Syrienkonflikt verpflichten, bei dem Friedensplan des Sondergesandten Kofi Annan zu kooperieren. Lawrow kritisierte vor allem die bewaffneten Aktionen der Opposition.

Anfang der Woche waren Vertreter des Nationalen Syrischen Koordinationskomitees für Demokratischen Wandel (NCCDC) im Kreml empfangen worden, die gegenüber dem Regime von Assad als kompromissbereiter gelten. In der nächsten Zeit soll aber auch eine Delegation des Syrischen Nationalrats (SNC) nach Moskau reisen, der von der internationalen Gemeinschaft eine Bewaffnung seiner Kämpfer fordert. Derweil plant die EU eine 14. Runde von Sanktionen gegen Syrien, die am Montag verabschiedet werden soll.

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