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Analyse. Was wo geschah – eine Grafik des syrischen Fernsehens. Foto: dpa

© dpa

Syrien schießt türkischen Jet ab: Plant die Türkei jetzt Vergeltung?

Im Streit um ihren abgeschossenen Jet denkt die Türkei über einen Militärschlag gegen Syrien nach – und schaltet die Nato ein.

Die Krise zwischen der Türkei und Syrien eskaliert weiter. Nachdem die syrische Luftabwehr am Freitag ein türkisches Militärflugzeug abgeschossen hatte, warf die Türkei Syrien am Sonntag vor, den unbewaffneten Jet ohne Anlass und ohne Warnung im internationalen Luftraum vom Himmel geholt zu haben. Ankara werde mit aller Entschlossenheit reagieren, sagte Außenminister Davutoglu. Die Türkei schaltet die Nato ein, auch militärische Vergeltungsmaßnahmen gelten als möglich. Die Türkei werde selbst über „Zeitpunkt und Art“ der Reaktion bestimmen, sagte ein Regierungsvertreter. Konkrete Maßnahmen will Premier Erdogan am Dienstag bekannt geben.

Bildergalerie: Syrien schießt türkischen Jet ab

Ein Propagandakrieg hat unterdessen schon begonnen. In den ersten 48 Stunden nach dem Absturz der Maschine hatte sich die türkische Regierung mit offiziellen Stellungnahmen auffallend zurückgehalten. Selbst syrische Angaben über ein Eindringen der Maschine in den syrischen Luftraum bis einen Kilometer vor der Küste blieben zunächst unwidersprochen. Politiker, Militärs und Geheimdienstler in Ankara nutzten die Zeit laut Davutoglu, um Daten und Aufzeichnungen auszuwerten. Auch syrische Funksprüche wurden analysiert. Das Ergebnis dieser Analysen, das am Sonntag von Davutoglu im Staatsfernsehen TRT bekannt gegeben wurde, lautet zusammengefasst: Die Syrer haben den türkischen Jet während eines Ausbildungsfluges zur Überprüfung türkischer Radarsysteme weit vom syrischen Staatsgebiet entfernt und grundlos abgeschossen – und dafür werden sie bezahlen.

Zwar habe das Flugzeug kurzzeitig den syrischen Luftraum durchquert, sagte Davutoglu. Doch das sei rund eine Viertelstunde vor dem Abschuss gewesen, und die Syrer hätten auch keine Warnung an die Piloten gefunkt, wie dies international üblich sei. Nachdem die Maschine 13 Seemeilen vor der Küste und damit über internationalem Gewässer getroffen wurde, taumelte sie laut Davutoglu ins syrische Hoheitsgebiet und schlug rund acht Meilen vor dem Land auf dem Wasser auf. Das Wrack wurde laut türkischen Medien auf dem Meeresgrund in 1300 Meter Tiefe geortet. Die beiden Piloten werden noch immer vermisst.

Ein Militärschlag gegen Syrien gilt als Möglichkeit

Davutoglus Darstellung blieb nicht unwidersprochen. Die Regierung in Damaskus erklärte, der türkische Jet sei auf einem Spionageflug gewesen. Syrien habe mit dem Abschuss seine Souveränität verteidigt. Damaskus betreibe Desinformation, betonte Davutoglu seinerseits. Zunächst soll nun die Suche nach den Piloten abgeschlossen werden. Gleichzeitig wird die internationale Gemeinschaft informiert – allein am Samstag telefonierte Davutoglu mit 15 Außenministern und anderen Spitzenpolitikern, darunter auch die Minister von Russland und China, jener Mächte, die Syrien im UN-Sicherheitsrat bisher vor weitgehenden Strafmaßnahmen wegen der anhaltenden Gewalt gegen die Protestbewegung schützten. Für Sonntag nahm sich Davutoglu unter anderem ein Gespräch mit Bundesaußenminister Guido Westerwelle vor.

Die Nato soll sich auf Antrag Ankaras am Dienstag mit dem Fall befassen. Die Türkei will ihre Bündnispartner informieren, an den sogenannten Bündnisfall, bei dem die Nato geschlossen zur Verteidigung eines Mitgliedes antritt, wird aber offenbar nicht gedacht. Auch was die Türkei an konkreten Vergeltungsmaßnahmen plant, will Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan dann bekannt geben. Ein Militärschlag gegen Syrien gilt als Möglichkeit. Davutoglu sagte, niemand solle auf die Idee kommen, die türkischen Fähigkeiten zur Selbstverteidigung zu „testen“.

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