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Laut den Berichten von syrischen Bürgerrechtlern sind die Städte Hama und Deir Essor seit Mittwoch von hunderten Panzern belagert. Im UN-Sicherheitsrat ist derweil immer noch keine Einigung in Sicht.

© Reuters

Update

Syrien und die UN: Panzer, Parolen, Präsidialerklärung

Während die Machthaber in Syrien immer brutaler gegen das eigene Volk vorgehen, ringt sich der UN-Sicherheitsrat erstmals zu einer Verurteilung des Regimes durch.

Nach Monaten der Gewalt gegen das eigene Volk ist das Regime in Syrien vom UN-Sicherheitsrat verurteilt worden. Das mächtigste UN-Gremium kritisierte dabei die „weitreichende Verletzung der Menschenrechte und die Gewalt gegen Zivilisten“. Allerdings konnte sich der Rat nicht auf eine Resolution einigen. Stattdessen verlas der Vorsitzende, in diesem Monat der indische UN-Botschafter Hardeep Singh Puri, eine sogenannte Präsidentielle Erklärung. Sie liegt in ihrer Wirkung unterhalb der Resolution und kann auch nicht mit Strafen versehen werden. Da sie aber unter allen 15 Mitgliedern des Sicherheitsrats abgestimmt ist, hat sie auch ein diplomatisches Gewicht. Zuvor hatten die Vetomächte Russland und China eine schärfere Resolution verhindert. Auch Indien, Brasilien und Südafrika blieben skeptisch.

In dem Text werden nun die syrischen Behörden aufgefordert, die „Menschenrechte zu respektieren und ihren Verpflichtungen entsprechend des internationalen Rechts nachzukommen“. Diejenigen, die für die Gewalt verantwortlich seien, sollten dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Der Libanon distanzierte sich von dem Papier. Die Erklärung werde nicht dabei helfen, die Krise in Syrien beizulegen, sagte ein libanesischer UN-Diplomat.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) begrüßte die UN-Reaktion. „Die internationale Gemeinschaft hat eine wichtige Botschaft an die syrische Regierung gesendet“, erklärte er am Abend in Berlin. „Auch wenn wir uns angesichts der brutalen Repression, die allein in den vergangenen Tagen so viele Menschenleben gekostet hat, frühere und noch deutlichere Worte gewünscht hätten.“ Nun sei es an Präsident Baschar al Assad zu handeln, sagte Westerwelle. „Die Gewalt muss sofort beendet werden.“ Zudem forderte er einen glaubwürdigen Dialog mit der Opposition, in dem es um einen baldigen Übergang zur Demokratie geht. Deutschland hatte in den vergangenen Wochen immer wieder auf eine klare Haltung des UN-Sicherheitsrats zu den Ereignissen in Syrien gedrängt.

Angesichts der Gewalt in Syrien suchen die USA nach eigenen Angaben nach Wegen, den Druck auf die Regierung in Damaskus zu erhöhen. Präsident Assad sei für die Instabilität in seinem Land verantwortlich, sagte der Sprecher des US-Präsidialamts Jay Carney am Mittwoch. „Ohne Präsident Assad wäre es in Syrien besser“, fügte er an. Mehrere US-Senatoren forderten Sanktionen gegen das Assad-Regime.

Die Krise in Syrien spitzt sich derweil zu. Assads Panzer stießen am Mittwoch ins Herz der Protesthochburg Hama vor. Nach Berichten von Zeugen war die 700 000-Einwohner-Stadt zuvor mit Artilleriegranaten beschossen worden. Die Panzer seien vom Süden her in Hama vorgerückt, berichtete ein Anwohner. Sie seien von extrem regimetreuen Einheiten wie den Schabbiha-Milizen begleitet worden. „Alle Kommunikationswege sind abgeschnitten“, sagte der Anwohner der Nachrichtenagentur Reuters per Satellitentelefon. „Das Regime nutzt es aus, dass die Medien sich auf den Prozess gegen Husni Mubarak konzentrieren, um Hama fertigzumachen.“ Der Panzer-Beschuss habe sich auf das Viertel al Hader konzentriert. Es war eines der Zentren eines Aufstandes gegen Assads Vater und Vorgänger Hafis al Assad. Bei der Niederschlagung der Revolte waren vor bald 30 Jahren Tausende Menschen getötet worden. Das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte in Hama führte in den vergangenen zwei Tagen zu Solidaritätskundgebungen in mehreren anderen Städten. Bei den aktuellen Protesten sollen bereits mehr als 1700 Menschen umgekommen sein.

Deutschland zieht anders als Italien seinen Botschafter nicht aus Syrien ab. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes Martin Schäfer sagte, Deutschland respektiere die Entscheidung Italiens, werde den eigenen Botschafter allerdings bis auf weiteres nicht aus Damaskus abziehen. „Aus unserer Sicht ist es angesichts der starken und sehr erfolgreichen Informationsblockade durch die syrischen Behörden ganz wichtig, dass die Botschaft weiter vor Ort Informationen sammeln kann.“ Außerdem gehe es darum, weiter die Kontakte zur syrischen Opposition zu unterhalten. Die Frage des diplomatischen Umgangs mit der Krise werde auch Thema der Gespräche auf EU-Ebene am Donnerstag sein, kündigte Schäfer an. Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans sagte in Berlin, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verfolge „mit großer Aufmerksamkeit und Sorge, wie die syrische Regierung weiter mit brutaler Waffengewalt gegen die eigene Zivilbevölkerung vorgeht“. (rtr/AFP/dpa/dapd)

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