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Der Bürgerkrieg in Libyen ist noch nicht vorbei. Tausende von Bewohnern von Sirte haben am Montag eine Kampfpause genutzt, um aus der Stadt zu flüchten.

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Libyen: Tausende flüchten in Kampfpause aus Gaddafi-Heimatort Sirte

Unterdessen sind tausende Raketen aus den Beständen Gaddafis in Libyen verschwunden. Der Übergangsrat befürchtet die Waffen in den „falschen Händen".

Tausende von Bewohnern von Sirte haben am Montag eine Kampfpause genutzt, um aus der Heimatstadt des untergetauchten libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi zu flüchten. Wie der arabische Nachrichtensender Al-Arabija weiter berichtete, bereitete die Truppen des Übergangsrates einen neuen Großangriff auf die Hafenstadt vor, in der sich noch stärkere Einheiten von Gaddafi-Milizen verschanzt haben.

„Wir nutzen die kurze Feuerpause, um die Stadt zu verlassen, da sich auch die humanitäre Lage weiter verschlechtert“, sagte einer der flüchtenden Bewohner dem Sender. Die Menschen verließen Sirte in Autokonvois. Nach Schätzungen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz haben inzwischen knapp 10 000 Bewohner die die Stadt verlassen. Rotkreuz-Helfer hatten schon am Wochenende von einer schwierigen Lage der Zivilbevölkerung in der umkämpften Stadt berichtet.

Unterdessen sind tausende Raketen aus den Beständen Gaddafis in Libyen verschwunden. Der Übergangsrat befürchtet die Waffen in den „falschen Händen". Auf den ersten Blick wirken sie nicht besonders aufregend oder gefährlich - nur ein paar aufeinander gestapelte Munitionskisten aus Holz in der Ecke eines fast leeren Hangars außerhalb von Bengasi im Osten Libyens. Aber die couchtischgroße rechteckige Form und die Beschriftung mit gelben kyrillischen Buchstaben machen neugierig: Tatsächlich enthalten die Kisten sowjetische Boden-Luft-Raketen vom Typ SAM-7, mit denen sich niedrig fliegende Flugzeuge abschießen lassen.

Auch wenn des untergetauchte libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi noch nicht ganz besiegt ist. Die neue libysche Flagge weht an einigen Orten schon.
Auch wenn des untergetauchte libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi noch nicht ganz besiegt ist. Die neue libysche Flagge weht an einigen Orten schon.

© dpa

Insgesamt 200 solche Raketen befinden sich in dem ehemaligen Waffendepot des gestürzten libyschen Machthabers Muammar el Gaddafi. Jetzt nutzt die neue libysche Führung den Hangar zur Lagerung von Artillerie und Munition. Unter Gaddafi habe Libyen rund 20.000 dieser Raketen aus sowjetischer oder bulgarischer Produktion gekauft, sagte der Rüstungsbeauftragte des Nationalen Übergangsrats, Mohammed Hadia, am Wochenende auf einer Pressekonferenz in dem Hangar. Nur gut 14.000 dieser Raketen seien eingesetzt oder verschrottet worden.

"Rund 5000 SAM-7 fehlen und sind irgendwo. Leider besteht die Möglichkeit, dass einige dieser Raketen in die falschen Hände gelangt sind, etwa im Ausland“, fügte der General hinzu. Die SAM-7 ähnelten den Stinger-Raketen aus US-Produktion, seien leicht, klein und gut zu handhaben. Für den Übergangsrat komme deren Nutzung allerdings nicht in Frage, da die Raketen auf Militärtechnologie der 70er Jahre beruhten und somit veraltet seien. Etwa 180 von insgesamt 500 gefundenen SAM-7 habe der Übergangsrat in den vergangenen Tagen bereits zerstören lassen. Auch die übrigen würden unbrauchbar gemacht. Es gehe darum, „der ganzen Welt zu zeigen, dass das neue Libyen einen Beitrag zur internationalen Sicherheit leisten“ wolle.

Experten in westlichen Staaten warnen vor einer Verbreitung der Flugabwehrraketen und befürchten, dass etwa Terroristen von El Kaida im Islamischen Maghreb (Aqmi) damit Passagierflugzeuge angreifen könnten. Im November 2002 wurde eine SAM-7-Rakete auf ein israelisches Verkehrsflugzeug im kenianischen Mombasa abgefeuert, die aber ihr Ziel verfehlte. Später bekannte sich El Kaida dazu.

Der Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, Giampaolo di Paolo, warnte laut „Spiegel Online“ eindringlich vor möglichen Anschlägen auf die zivile Luftfahrt mit den verschwundenen Raketen. Bei einer vertraulichen Unterrichtung für deutsche Bundestagsabgeordnete habe der italienische Admiral gesagt, dass die Militärallianz trotz Luftüberwachung und Geheimdiensttätigkeit jede Spur von mindestens 10.000 Raketen aus den Lagern der libyschen Armee verloren habe.
"Die internationale Gemeinschaft hat zu Recht Furcht vor diesen Waffen“, sagte General Hadia. An der Pressekonferenz außerhalb der Küstenstadt Bengasi nahmen auch Experten aus den USA teil. Einer aus der Gruppe bemerkte trocken: „5000 SAM-7 irgendwo - da gibt es jede Menge Arbeit für uns.“ (dpa/AFP)

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