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Kofferbomber

© dpa

Terrorismus-Prozess: Verteidiger von Kofferbomber bestreiten Mordabsicht

Einer der beiden mutmaßlichen Kofferbomber von Köln steht seit heute in Düsseldorf vor Gericht und zeigt sich durchaus redselig. Seine Verteidiger beteuern, mit den Sprengsätzen habe niemand getötet werden sollen - ihr Mandant habe nur "ein symbolisches Zeichen" setzen wollen.

Als der mutmaßliche Kofferbomber Youssef Mohamad E.H. am Morgen im Oberlandesgericht Düsseldorf vor seine Richter tritt, fällt die Justiz in Beirut bereits ihr Urteil: Sie verurteilt den 23-jährigen Libanesen in Abwesenheit zu lebenslange Haft. Lebenslänglich wäre auch die höchste Strafe, mit der E.H. in Deutschland rechnen muss - falls seine Verteidiger mit ihrer Strategie im Düsseldorfer Hochsicherheitstrakt scheitern. Die Anwälte wollen den Terrorismussenat davon überzeugen, dass die Sprengsätze in den Koffern von Köln gar nicht explodieren sollten.

Zum Prozessauftakt schweigt E.H. zum Vorwurf der Bundesanwaltschaft, er habe gemeinsam mit dem in Beirut zu zwölf Jahren Haft verurteilten Jihad H. ein Blutbad in zwei deutschen Regionalzügen anrichten wollen - durch die Zündung selbst gebastelter Sprengsätze, die von den beiden am 31. Juli 2006 im Kölner Hauptbahnhof in Zügen nach Koblenz und Hamm abgestellt worden seien. Die Bundesanwaltschaft ist sicher, dass die Kofferbomben nur durch handwerkliche Fehler der beiden Libanesen nicht explodierten. "Der Anschlagsversuch ist durchaus ernstzunehmen", bekräftigt Oberstaatsanwalt Horst Salzmann.

Strafverteidiger Bernd Rosenkranz meldet dagegen Zweifel daran an, dass die Kofferbomben wirklich hochgehen sollten. "Wenn man von einem Bauplan abweicht und etwas baut, das nicht explodiert, dann muss man sich fragen, warum ist das so", gibt der Anwalt zu bedenken. Womöglich hätten die beiden Ex-Studenten mit den funktionsuntüchtigen Bomben nur ein symbolisches Zeichen setzen wollen - für ihren Zorn über die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in deutschen Zeitungen, den die Anklage für das Motiv der beiden Libanesen hält.

"Ich würde sagen, dass wir arm waren"

Zwar will der Angeklagte dem Gericht erst im Januar seine Sicht des Attentats schildern - doch auch zum Prozessbeginn zeigt sich der junge Mann im beigefarbenen Kaputzensweatshirt auf Fragen der Richter zu seinem Lebenslauf durchaus kooperativ. Fast schon ausschweifend berichtet der schwarzhaarige Vollbartträger in arabischer Sprache von seinen zwölf älteren Geschwistern und den Verhältnissen, unter denen er im Libanon aufgewachsen ist. "Ich würde persönlich sagen, dass wir arm waren", sagt E.H. auf Nachfrage von Richter Ottmar Breidling.

"Im Großen und Ganzen war ich ein guter Schüler, ein fleißiger Schüler", übersetzt die Simultan-Dolmetscherin die Schilderung des im nordlibanesischen Tripoli aufgewachsenen Angeklagten. Sein Vater, ehedem Regierungsbeamter in einer Agrargenossenschaft und heute Frührentner, und seine Mutter hätten ihn als ihr jüngstes Kind ganz besonders umsorgt. "Ich war das verwöhnte Kind bei ihnen. Ich hatte Spielzeug, so viel ich wollte." In der muslimischen Familie habe religiöse Toleranz geherrscht: "Vater und Mutter haben sich nicht in religiöse Dinge eingemischt." Es habe keinen Zwang im Glauben gegeben, "so haben sie mich behandelt", sagt der Libanese, den seine Verteidiger als "gläubig, aber nicht fanatisch religiös" schildern.

Mit den Gebetszeiten nicht so genau genommen

Als Jugendlicher habe er es mit den islamischen Gebetszeiten nicht so genau genommen, berichtet E.H. weiter. Freimütig erzählt der Angeklagte, der sich später zu einem radikalen Islamisten gewandelt haben soll, dass die meisten Nachbarn der Familie in dem kleinen Stadtteil von Tripoli allerdings "streng gläubig" gewesen seien. "Sie haben die Menschen dazu gedrängt, regelmäßig zu beten und gehorsam zu sein."

Auch wenn E.H. am ersten Prozesstag zu dem Attentat noch nichts sagen will - indirekt deuten seine Schilderungen bereits auf die Geschehnisse am 31. Juli vergangenen Jahres auf Kölns Hauptbahnhof hin. Eine Überwachungskamera hatte den heute 23-Jährigen damals mitsamt Bombenkoffer aufgenommen - auf den Bildern trägt E.H. ein Fußball-Trikot mit der Rückennummer 13 des deutschen Nationalmannschaftskapitäns Michael Ballack. "Ich habe während der Schulzeit Fußball gespielt, und das sehr intensiv. Ich war auch zwei Jahre in einer Fußball-Mannschaft", sagt E.H. stolz. Stürmer sei er gewesen, und noch wenig mehr: "Ich war der Kapitän."

Richard Heister

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