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Yingluck Shinawatra

© REUTERS

Bangkok: Thailand wählt die Regierungspartei ab

Die Schwester des gestürzten Ex-Präsidenten Thaksin hat beste Chancen, nächste Premierministerin Thailands zu werden. Dabei ist sie politisch ein völliger Neuling.

Thailand ist im Yingluck-Fieber. Die 44 Jahre alte Geschäftsfrau, Spitzenkandidatin der oppositionellen Puea-Thai-Partei, hat beste Chancen, die erste Premierministerin des Landes werden. Yingluck Shinawatra ist die Schwester des 2006 von der Armee aus dem Amt geputschten Ex-Premiers Thaksin Shinawatra. Seine Puea-Thai-Partei, die er aus dem Exil in Dubai heraus steuert, liegt den Hochrechnungen zufolge bei der Parlamentswahl am Sonntag klar vorne. Demnach kann sie mit bis zu 313 der 500 Sitze rechnen.

Nach Auszählung von knapp der Hälfte der Stimmen hatte die Puea Thai, die sich als Interessenvertreterin der armen Bevölkerung versteht, 249 der 500 Mandate gewonnen.

Thaksins Entscheidung, seine Schwester als Kandidatin für den Posten des Premiers aufzustellen, war nicht ohne Risiko. Doch sie scheint voll aufzugehen. Bei den etlichen Wahlkampfveranstaltungen, die sie in den vergangenen Wochen besucht hat, wurde Yingluck gefeiert wie ein Popstar. Der Ablauf war immer derselbe: Einheizer haben zunächst für die richtige Stimmung gesorgt. Dann trat Yingluck auf die Bühne. „Vermisst ihr meinen Bruder?“, fragte sie dann. „Werdet ihr auch mir euer Vertrauen schenken?“ Bei ihren ersten Auftritten hatte sie bei diesen Worten Tränen in den Augen. Sie fasste dann stets, mit häufig ein wenig wackeliger Stimme, zusammen, was ihr Bruder vor seinem Sturz für das Land getan habe und versprach, sich für die Armen einzusetzen, falls die Menschen sie wählen sollten. Dann übernahmen wieder die Politprofis. Thaksins gewaltiger PR-Apparat überließ nichts dem Zufall.

Die Entscheidung, die 44-Jährige als Kandidatin für den Posten des Premierministers ins Rennen zu schicken, erschien bizarr und exotisch, als sie vor vier Wochen fiel. Denn Yingluck Shinawatra ist politisch ein absoluter Newcomer. Als Thaksin seine Schwester wenige Tage später in einem Interview auch noch als seinen „Klon“ bezeichnete, schien ihr Schicksal besiegelt. Politische Gegner wüteten, Yingluck sei nicht mehr als eine Marionette des Ex-Premiers.

Doch die Entscheidung sollte sich als Geniestreich erweisen. Dabei verschafft Yinglucks Unerfahrenheit ihr vermutlich sogar einen Vorteil. Im häufig schmutzigen thailändischen Politikgeschäft ist sie ein neues und nicht unattraktives Gesicht. Ihre Beteuerungen, sie werde sich für eine nationale Aussöhnung einsetzen, sollte ihre Partei die Regierung stellen, klingen glaubwürdiger, als wenn sie von einem abgebrühten Politprofi kämen. Und auch vielen Wählerinnen dürfte die Aussicht, dass zum ersten Mal eine Frau das Land regiert, gefallen. Daher dürften dieses Mal viele Mitglieder von Bangkoks Mittelschicht – traditionell eher auf der Seite der Thaksin-Gegner – für Puea Thai gestimmt haben.

Amtsinhaber Abhisit Vejjajiva hat der Siegeszug seiner Gegnerin kalt erwischt. Noch vor vier Wochen lag seine Democrat Party in Umfragen etwa gleichauf mit Puea Thai. Doch seitdem ist die Regierungspartei in Umfragewerten immer mehr abgestürzt.

Deswegen hatte seine Democrat Party die anfängliche Wahlkampfstrategie, in der die Leistungen der jetzigen Regierung betont wurden, ausgesetzt und durch eine starke Negativkampagne ersetzt. Abhisit erinnerte in seinen Wahlkampfreden nun daran, dass Thaksin-Anhänger im vergangenen Jahr versucht hätten, „Bangkok niederzubrennen“. In einem Interview sagte er, die Aussöhnungspolitik von Puea Thai sei nichts anderes als der Versuch, Ex-Premier Thaksin wieder ins Land zu holen. „Aussöhnung wird als Deckmantel für eine Amnestie für Thaksin benutzt. Wir glauben, dass es gegenüber den Menschen in Thailand ungerecht ist, die Interessen Thaksins über die der Menschen oder des Landes zu stellen.“

Der Amtsinhaber setzte auch offen auf die nationalistische Karte. Erst diese Woche hat Thailand überraschend angekündigt, aus dem Welterbekomitee der Unesco auszutreten. Der vorgebliche Grund war, dass die Unesco einen kambodschanischen Verwaltungsplan für den Preah-Vihear-Tempel vorangetrieben habe, was die Organisation jedoch bestreitet. Preah Vihear gehört seit einem Urteil des Internationalen Gerichtshofs im Jahr 1962 Kambodscha, Thailand beansprucht jedoch das Land, auf dem er steht. In diesem Jahr kam es zwei Mal zu Kämpfen an der thailändisch-kambodschanischen Grenze. Thailands Armee hat den Vorschlag, indonesische Beobachter an der Grenze zu stationieren, abgelehnt. Abhisit erklärte, die zukünftige Regierung werde darüber entscheiden, ob sich Thailand wieder dem Komitee anschließe.

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