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Thüringen: Finanzministerin Diezel führt Landesregierung

Erstmals steht eine CDU-Politikerin an der Spitze eines Bundeslandes. Birgit Diezel übernimmt in Thüringen vorerst die Amtsgeschäfte von Ministerpräsident Althaus

Die bisherige Finanzministerin Diezel wird der Thüringer Landesregierung solange vorstehen, bis ein neues Kabinett gewählt wird. Das teilte die CDU am Donnerstagabend nach einer Präsidiumssitzung in Erfurt mit.

Diezel sagte, der Rücktritt von Althaus sei seine persönliche Entscheidung gewesen. Es habe keine Rücktrittsforderungen der Parteigremien gegeben. Über Personal werde erst in den nächsten Tagen ohne Eile entschieden. Diezel, die Althaus auch bereits in den Monaten nach seinem Skiunfall vertreten hatte, übernimmt auch die Leitung des CDU-Teams für Sondierungsgespräche mit der SPD.

Vier Tage nach den schweren Verlusten der CDU in Thüringen hatte Althaus mit seinem Rücktritt den Weg für ein mögliches Bündnis mit der SPD geebnet. Damit reagierte er auf zunehmende Forderungen der eigenen Partei und der SPD, einer schwarz-roten Koalition nicht im Wege zu stehen.

Die CDU hatte bei der Landtagswahl am Sonntag fast zwölf Prozentpunkte verloren und damit nach zehn Jahren ihre absolute Mehrheit eingebüßt. Die CDU landete mit 31,2 Prozent nur noch knapp vor der Linkspartei und verfehlte die erhoffte Mehrheit für eine schwarz-gelbe Koalition. Die CDU kann nur noch gemeinsam mit der SPD regieren.

Linke, Grüne und FDP begrüßten den Rückzug. Bundes- und Landespolitiker der Union zollten Althaus Respekt für seine Entscheidung. "Jetzt ist der Weg frei für die Sozialdemokraten, in ernsthafte Gespräche mit der CDU zur Bildung einer Regierung einzutreten", sagte Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel am Rande eines Wahlkampfauftritts in Freiburg. Es gebe "keine Ausreden mehr für die Sozialdemokraten", sich solchen Verhandlungen zu verweigern.

SPD-Chef Franz Müntefering sagte in Bremen: "Wir Sozialdemokraten wollen eine Regierung, die das Land verantwortlich führen kann." Kanzlerkandidat Frank-Walter sagte in Berlin, für die Bundes-SPD bleibe es dabei, dass die thüringischen Parteifreunde "in eigener Verantwortung und verantwortlich" diese Verhandlungen führten.

Der Thüringer SPD-Chef Christoph Matschie bezeichnete den Rücktritt als ersten Schritt für eine personelle Erneuerung der Christdemokraten. "Nach der Wahl war offensichtlich, dass die CDU so nicht weitermachen konnte – weder inhaltlich noch personell." Die Entscheidung von Althaus habe jedoch keinen Einfluss auf die Strategie der SPD, die "Sondierungsgespräche wie geplant mit der CDU, aber auch mit der Linken und den Grünen führen" werde.

Linkspartei-Spitzenkandidat Bodo Ramelow sprach von einem überfälligen Schritt. Das Land brauche dringend einen Neuaufbruch. Zugleich kündigte er an, ohne Vorbedingungen in mögliche Gespräche mit der SPD gehen zu wollen. Beobachter werten dies als Zeichen der Angst, die SPD könne eine Große Koalition mit der CDU eingehen. SPD-Landeschef Christoph Matschie kündigte an, sich alle Optionen offen halten zu wollen. "Wir gehen ergebnisoffen und ohne weitere Bedingungen in die Gespräche mit allen Parteien", sagte er.

Nach Ansicht von Grünen-Sprecher Dirk Adams hat Althaus "eine bleierne Zeit beendet". Nach Ansicht des Thüringer FDP-Vorsitzenden Uwe Barth ist jetzt der Weg frei für eine schwarz-rote Koalition. 

In den vergangenen Tagen war die Kritik am Führungsstil von Althaus auch aus den eigenen Reihen deutlicher geworden. Die Parteispitze aus Bund und Land hatte sich dagegen bis zuletzt vor ihn gestellt. Bundeskanzlerin Merkel hatte ihn am Mittwoch noch unterstützt. Althaus überraschte die Thüringer CDU-Spitze: Er hatte sie vorab nicht über den Rücktritt informiert.

Althaus war seit Juni 2003 Ministerpräsident des Landes. Im Winter hatte er einen schweren Skiunfall, bei dem er auf einer Piste in Österreich mit einer Frau zusammenstieß, die kurz darauf starb. Wegen fahrlässiger Tötung war er in Österreich zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Bei dem Unfall erlitt er selbst ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und fiel vier Monate lang aus.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa

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