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Thüringen: Linke wappnet sich gegen "Rote Socken"-Wahlkampf

Zum 20. Jahrestag des Mauerfalls stehen in Thüringen vier Wahlen an. Da die CDU deutlich an Vorsprung verloren hat, rechnet die Linke mit einem Lagerwahlkampf bezüglich der DDR-Vergangenheit. Dabei ist selbst die CDU nicht frei von Fehlern.

Eine Wiederkehr der "Roten Socken"-Kampagne sieht die Thüringer Partei Die Linke auf sich zukommen. Vier Wahlen stehen im kommenden Jahr im Freistaat an, und in Umfragen hat die regierende CDU ihre knappe Mehrheit von 43 Prozent aus dem Jahr 2004 deutlich eingebüßt. Linke-Spitzenkandidat Bodo Ramelow ist deshalb überzeugt, dass sie das Gedenkjahr um den 20. Jahrestag des Mauerfalls für einen Lagerwahlkampf nutzen wird. Deshalb will er die Angriffsfläche verkleinern und verschreibt seiner Partei ein "erweitertes Geschichtsbild". Die Mitglieder sollen ihre PDS-Mentalität ablegen und eine weltoffene Linkspartei vertreten, forderte er am Wochenende auf dem Parteitag in Sömmerda.

Zeichen für den Lagerwahlkampf sind für Ramelow nicht zu übersehen. "Immer wieder bezeichnet mich die CDU als Kommunisten, obwohl es dafür in meiner Biografie keine Anhaltspunkte gibt." In den vergangenen Monaten sei jede Gelegenheit genutzt worden, um seiner Partei nachzuweisen, dass sie nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehe. "Aber das wird nicht gelingen."

gesamtdeutsch denken, ostdeutsch erinnern

Unterstützt wird Ramelow von Landes-Parteichef Knut Korschewsky. "Wir müssen insgesamt lernen, gesamtdeutsch zu denken, ohne dabei unsere ostdeutschen Erfahrungen zu vergessen", schwört er die Mitglieder ein, wohl wissend, dass sie sich in dieser Frage nur schwer motivieren lassen. "Viele von uns meinen, wir hätten schon so viel an Geschichte aufgearbeitet, das müsste doch reichen." Das tut es jedoch seiner Meinung nach nicht.

Vor allem junge Menschen haben für Korschewsky von dieser Aufarbeitung nichts mitbekommen. Außerdem müssten auch neue Wählerschichten informiert werden, die sich erst jetzt für die Linkspartei interessieren, nachdem sie in vier westdeutsche Landtage eingezogen ist. Diese Auffrischung hat die Partei dringend nötig. Das Durchschnittsalter der rund 7000 Mitglieder in Thüringen liegt bei 66 Jahren - Menschen, die die überwiegende Zeit ihres Lebens in der DDR gelebt haben. Jüngere Kandidaten können mit der DDR-Vergangenheit oft nicht viel anfangen, wollen aber wissen, wo die Partei steht und wie sie sich selbst in einem Lagerwahlkampf positionieren können.

Dafür gibt Ramelow die Vorgabe: "Wir werden die Vergangenheit nicht ableugnen, aber wir werden auch nicht dulden, dass sich die CDU als die einzige geläuterte Partei darstellt, die mit der Geschichte nichts zu tun hatte." Die Linke stehe für die Aufarbeitung bereit, "aber nur, wenn sie mehr als reine Schuldzuweisung ist".

Wenn es zur Auseinandersetzung kommt, will die Linkspartei ihrerseits klar die Verantwortung der Ost-CDU benennen. "Das ist alles dokumentiert - vom Parteivermögen von 11,2 Millionen Euro bis zu den Äußerungen der damaligen Funktionäre." Er wolle dem Ministerpräsidenten Dieter Althaus (CDU) seine Vergangenheit nicht vorwerfen. "Aber ich werfe ihm vor, wie er damit umgeht."

Althaus warb für marxistische Ausrichtung der Jugendweihe

Die Landes-CDU reagiert aufgeschreckt - nicht zuletzt auch wegen eines Artikels der "Süddeutschen Zeitung" vom Wochenende. Dort wird ein bereits bekannter Brief von Althaus aus dem Jahr 1989 zitiert, in dem er sich für eine marxistisch-leninistische Ausrichtung der Jugendweihe ausspricht.

"Die CDU Thüringen hat sich in ihrem Grundsatzprogramm klar und eindeutig zur Gleichschaltung und zur Mitverantwortung ihrer Bezirksverbände an der SED-Diktatur bis 1989 bekannt", stellte Fraktionsvorsitzender Mike Mohring am Sonntag in einer Mitteilung klar. Althaus habe in seinem Brief lediglich für eine klare Definition der Jugendweihe in Abgrenzung zu den kirchlichen Feiern sorgen wollen. Für Menschen, die in der DDR gelebt haben, werfe der Vorgang keine Fragen auf.

Ingo Senft-Werner[dpa]

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