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Tibet-Konflikt: Merkel sagt Dalai Lama aus "terminlichen Gründen" ab

Für Merkel trifft der Bundestagspräsident Norbert Lammert das tibetanische Oberhaupt. Derweil schickt der Deutsche Olympische Sportbund das deutsche Team nach Peking. Unterdessen denkt das französische Fernsehen darüber nach, die sportlichen Veranstaltungen nicht live zu übertragen. China bemüht sich um Schadensbegrenzung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird den Dalai Lama bei dessen nächstem Deutschland-Besuch im Mai nicht treffen. Es habe eine entsprechende Anfrage des geistlichen Oberhaupts der Tibeter gegeben, sagte Vizeregierungssprecher Thomas Steg. Sie sei "bei passender Gelegenheit durchaus bereit", den Dalai Lama wieder zu treffen und "aktuelle Themen" mit ihm zu erörtern. Merkel hatte den Dalai Lama Ende September im Kanzleramt empfangen und damit für erhebliche Verstimmung in Peking gesorgt.

Für Merkel wird Bundestagspräsident Norbert Lammert das tibetanische Oberhaupt treffen. Der Dalai Lama wird vom 14. bis 20 Mai Deutschland besuchen. Neben dem Bundestagspräsidenten wird der Dalai Lama auch mit dem Menschenrechtsbeauftragten Günter Nooke (CDU) sowie den Ministerpräsidenten der Länder Nordrhein Westfalens und Hessens zusammen treffen.

Die Bundesregierung sieht im Dialog zwischen Tibetern und chinesischer Führung den einzigen Ausweg aus dem derzeitigen Konflikt. Grundvoraussetzung für eine Konfliktlösung sei der unbeschränkte Zugang internationaler Medien in die Region. "Die Bundesregierung sieht keine Alternative zu einem direkten Dialog zwischen dem Dalai Lama und der Regierung in Peking. Aus unserer Sicht ist die chinesische Regierung außerordentlich gut beraten, wenn erkennbar wird, was passiert ist. China muss Transparenz schaffen," betonte der Regierungssprecher.

Deutsche Sportler fahren mit gemischten Gefühlen nach Peking

Deutsche Olympia-Athleten boykottieren die Olympischen Spiele nach einer Entscheidung des Deutschen Olympischen Sportbundes nicht. Sie wollen sich aber in Peking nicht den Mund verbieten lassen und denken über andere Formen der Unmutsäußerungen nach. "Es ist traurig, was in China passiert, ein Boykott würde daran aber nichts ändern. Sinnvoller wäre es, wenn die Athleten mit stillem Protest ihr Gesicht zeigen und bei den Spielen beispielsweise Armbänder gegen die Unruhen tragen. Da bin ich dabei", erklärte Stabhochspringer Danny Ecker.

Schwimmerin Antje Buschschulte ist diese Haltung zu wenig: "In unserer Gesellschaft darf sich jeder frei äußern. Solange es nicht unfair wird und ich jemand anderem keinen Schaden zufüge, muss das auch bei Olympia möglich sein. Wenn man schon für freie Meinungsäußerung ist, dann muss man auch jede Meinung akzeptieren." Imke Duplitzer fährt "mit gemischten Gefühlen hin". "Bei meinen vierten Spielen könnte ich zum ersten Mal zur Eröffnungsfeier, aber ich werde da wohl nicht hingehen, um zu zeigen, ich bin hier, weil ich hier sein muss", sagte die  Degenfechterin und prophezeite gleichzeitig, das Internationale Olympische Komitee (IOC) "wird ohne Gesichtsverlust da nicht herauskommen."

Frankreich schließt Boykott der Olympischen Spiele nicht mehr aus

Während die Bundesregierung sich opportun gegenüber der chinesischen Regierung verhält, denkt Frankreich ernsthaft über den Boykott der olympischen Spiele nach. Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy schloss diese Möglichkeit nicht aus. "Alle Optionen sind offen", sagte Sarkozy im südwestfranzösischen Tarbes. Zuvor hatte Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner das Vorgehen Chinas gegen die Demonstranten in Tibet scharf verurteilt. "Diese Repression ist unerträglich", sagte er im Radiosender Europe 1. Zumindest ein Boykott der Eröffnungsfeier käme in Frage, an den Wettkämpfen will Frankreich jedoch teilnehmen. "Niemand fordert den Boykott der Olympischen Spiele, vor allem nicht der Dalai Lama“, sagte Außenminister Bernard Kouchner im französischen Rundfunk. Man solle "nicht tibetanischer sein als der Dalai Lama“.

Auch Frankreichs öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten schließen einen Boykott der Berichterstattung über die Olympischen Spiele in China nicht aus. Wenn Peking Berichte oder Bilder über mögliche Demonstrationen zensiere oder verändere, werde France Télévision "zweifellos entscheiden, nicht über die Olympischen Spiele zu berichten", sagte der Sportchef der Sendergruppe, Daniel Bilalian im Radiosender RTL.

Er hoffe, dass Peking seine Haltung in der Frage der Übertragung von Bildern, auf die bei den Spielen im August auch ausländische Fernsehanstalten angewiesen wären, ändern werde, sagte Bilalian. Ihm zufolge ist der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Jacques Rogge, dabei, "das Problem mit der chinesischen Regierung zu lösen". Bei der Entzündung des Olympischen Feuers am Montag in Griechenland hatte sich das chinesische Fernsehen vorübergehend aus der Live-Berichterstattung ausgeklinkt, als Aktivisten von Reporter ohne Grenzen für die Einhaltung der Menschenrechte in China demonstrierten.

Chinesische Regierung arrangiert Interviews für internationale Journalisten

China selbst lehnt jegliche ausländische Vermittlung im Tibet-Konflikt ab. Unterdessen lässt die Regierung in Peking rund ein Dutzend ausgewählte Journalisten an einer organisierten Reise in die Unruheregion teilnehmen. Der chinesische Außenamtssprecher Qin Gang sagte, die ausländischen Reporter sollten sich über die jüngsten Ereignisse informieren und "Opfer krimineller Gewaltakte" interviewen können. Nach den Protesten bei der Olympia-Zeremonie am Vortag verurteilte Peking jegliche Aktionen gegen den Fackellauf als "schändlich".

Für die Pressereise in die tibetische Hauptstadt Lhasa würden Interviews mit "Opfern krimineller Akte" von der chinesischen Führung arrangiert. Zudem sollten Orte besichtigt werden, die geplündert oder niedergebrannt worden seien. China hat ausländischen Journalisten seit dem Beginn der Unruhen den Zugang zur autonomen Provinz Tibet verwehrt.

Amtlichen chinesischen Angaben zufolge sind bei den Unruhen 19 Menschen ums Leben gekommen. Die tibetische Exilregierung sprach dagegen von etwa 140 Toten. (ml/dpa/AFP)

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