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Politik: Tief verbunden

Die Begeisterung der Jemeniten für Deutschland ist groß – nicht nur wegen der Entwicklungshilfe

„Germany, Yemen – same same“, lautet die Einleitung des Jemeniten für seine Lobrede auf Deutschland. Wie Deutschland sei auch Jemen lange Jahre geteilt gewesen, beide Länder feierten dieses Jahr den 15. Jahrestag ihrer Wiedervereinigung. Doch für seine Hymne auf den „besten Freund Jemens“ findet der Bärtige mit dem Turban auf dem Kopf noch viele weitere Argumente.

So erfreut sich das Land großzügiger Entwicklungshilfezahlungen aus Berlin. Jemen ist eines der Schwerpunktländer der deutschen Entwicklungszusammenarbeit: Etwa 40 Millionen Euro im Jahr gibt die Bundesrepublik dafür aus, einen der ärmsten Staaten der Welt zu unterstützen. Ein deutscher Entwicklungshelfer zum Beispiel bemüht sich, eine funktionierende Müllabfuhr in Jemen aufzubauen, andere helfen, die knappen Wasservorräte zu schonen und mit deutscher Hilfe wurde auch die Altstadt von Sanaa, ein Unesco-Weltkulturerbe, restauriert.

Verrät der Fremde beim Einkauf auf dem Suq seine Nationalität, löst er bei den Händlern oft wahre Begeisterungsstürme aus. „Germany number one“, heißt es, die Geste mit dem hoch gestreckten Daumen unterstreicht das Wohlwollen. Die Fotos vom Besuch des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder im März in Sanaa hängen immer noch in vielen Lädchen, Hotels und Karawansereien. Sein Strahlen bei der Begegnung mit den den Krummdolch schwingenden Tänzern ist noch nicht vergessen.

Das äußerst positive Deutschlandbild gründet sich bei vielen Jemeniten auch auf eigene Erfahrung oder die eines Verwandten der Großfamilie. Zu Zeiten der Teilung unterhielten sowohl die Bundesrepublik als auch die DDR Beziehungen zu beiden jemenitischen Staaten und vergaben großzügig Stipendien. An der Universität von Aden, der ehemaligen Hauptstadt der Volksrepublik Jemen, spricht auch heute noch ein Viertel der Dozenten Deutsch – weil sie zwischen Rostock und Karl-Marx-Stadt studiert haben. „Deutsch“ ist in Jemen auch ein überzeugendes Marketingargument, „deutsch“ gilt als Synonym für Qualität. Gleich mehrere Krankenhäuser in der Hauptstadt Sanaa tragen ein „German“ im Namen, die Praxen der Ärzte, die in Deutschland ausgebildet wurden, sind voll mit wohlhabenden Patienten. Oft legt der ganze Clan zusammen, um einem Kranken eine Behandlung in Deutschland zu finanzieren. Selbst in abgelegenen Stammesgebieten zeigen Scheichs stolz Fotos von ihrem Kuraufenthalt in Wiesbaden.

Die deutsche Nationalität ist auch beim Reisen zwischen den 3000 Meter hohen Bergen und der Küste hilfreich: Während Briten oder Amerikaner manchmal trotz Genehmigung der Touristenpolizei an Kontrollposten zurückgewiesen werden, genügt die Auskunft „Alman“ meist, um von den Soldaten freundlich durchgewinkt zu werden. Gewiefte Fahrer von Reiseagenturen geben deshalb manchen Urlauber aus den USA an Checkpoints einfach als Deutschen aus.

Auch das Straßenbild in Jemen zeugt von den langjährigen Verbindungen zu Deutschland: An jahrhundertealten Steinmauern in Sanaa hängen ausgemusterte gelbe Briefkästen der deutschen Bundespost, die Weimarer Republik hatte Jemen beim Aufbau des Postwesens geholfen.

Unangenehm berührt wird der deutsche Besucher hier, wie in vielen anderen arabischen Ländern auch, von den Sympathien für Hitler. „Das war doch ein starker Staatsmann, der es den Juden gezeigt hat“, argumentiert der Taxifahrer, wenn einem die Gesichtszüge entgleisen. Was das Terrorregime im „Dritten Reich“ tatsächlich bedeutete, muss dem erstaunten Mann dann erst erklärt werden.

Susanne Sporrer, Klaus Heymach[Sanaa]

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