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Politik: Tod im Gefrierlaster

Wieder sind in Spanien Flüchtlinge gestorben – die Regierung will die Südküste des Landes künftig mit moderner Technik überwachen

Von Jose Torres, Madrid

In Spanien werden Erinnerungen an das Flüchtlingsdrama von Dover wach. Damals, vor zwei Jahren, waren 60 Chinesen in einem Laster erstickt. Jetzt hat die baskische Polizei in einem Gefrierlaster aus Casablanca vier tote Männer entdeckt. Offenbar hatten sie versucht, illegal von Marokko nach Europa überzusetzen. Der Fahrer, ein 28-jähriger Marokkaner, der die Beamten wegen verdächtiger Geräusche im Laderaum alarmiert hatte, wurde wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung verhaftet. Wie es hieß, hatte er die Kühlanlage nicht eingeschaltet. Die vier Opfer im Alter von 23 bis 26 Jahren starben vermutlich an Sauerstoff- oder Wassermangel.

Dieser Fall, der sich am Montagabend ereignete, ist bei weitem nicht der einzige. Am Dienstag verhaftete die Guardia Civil zwei Marokkaner, die versuchten, die spanische Küste mit einem Surfbrett zu erreichen, nach 18 Kilometern Rudern mit den Händen aber kurz vor dem Ertrinken standen. Nur ein paar Stunden später wurden 22 illegale Einwanderer aufgegriffen, die orientierungslos an einem Strand von Cadiz herumirrten. Darüber hinaus nahmen die Beamten zwei Asiaten fest, die mit einem Wasser-Motorrad in die spanische Enklave Ceuta (an der Nordküste Marokkos) eingedrungen waren, und retteten südlich von Almeria 29 Armutsflüchtlinge aus Zentralafrika, die sich in schwerer Seenot befanden. In vielen anderen Fällen ging die Geschichte nicht so glimpflich aus. Tragödien hat es in den letzten Wochen zuhauf gegeben. Am Samstag ertranken 26 Flüchtlinge, nachdem ihr Schlauchboot in der Meerenge von Gibraltar gekentert war. Am 6. August ertrank ein Marokkaner, als er versuchte, zur spanischen Enklave Melilla zu schwimmen. Und am 1. August starben 13 Flüchtlinge, da der Kapitän ihres Bootes sie mit vorgehaltener Machete zwang, ins Meer zu springen, obwohl die meisten nicht schwimmen konnten. Der Fall sorgte in Spanien für umso größere Erschütterung, weil zu den Opfern des skrupellosen Menschenschmugglers auch zwei hochschwangere Frauen gehörten.

Um derartige Tragödien zu bekämpfen, hat die spanische Regierung kürzlich eine neue Einsatzzentrale gegen den Drogen- und Menschenschmuggel in der Meerenge eingeweiht, die über 110 Kilometer Küste mit Helikoptern, Patrouillen-Booten, Radarstationen, Bewegungssensoren und Infrarot-Kameras überwacht. Für den Fall des Falles gibt es dort einen Krisen-Saal und eine Video-Direktschaltung zur Regierung in Madrid. Darüber hinaus werden dort die humanitären Einsätze des Roten Kreuzes und der örtlichen Hilfsorganisationen koordiniert.

Die neue Station ist nur die erste von etlichen, die bis Ende nächsten Jahres in Betrieb gehen sollen. 142,43 Millionen Euro hat das Kabinett vorgesehen, um die mit EU-Fonds geförderte High-Tech-Überwachung auf die gesamte andalusische Küste, die Kanarischen Inseln sowie Ceuta und Melilla auszudehnen. „Diese Anlagen helfen nicht nur gegen den Schmuggel. Sie helfen auch, Leben zu retten und Schiffbrüchigen schneller zu helfen“ , sagte Innenminister Angel Acebes. Darauf ist er stolz: „In den letzten zwei Jahren hat die Guardia Civil in der Meerenge von Gibraltar 730 Flüchtlinge vor dem Ertrinken gerettet. Darüber hinaus stellt Spanien gut 60 Prozent des gesamten Haschischs sicher, das in der EU abgefangen wird.“

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