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Reyhaneh Jabbaris Hinrichtung war mehrfach verschoben worden. Nun wurde sie vom iranischen Staat umgebracht.

© dpa

Todesurteil an Reyhaneh Jabbari vollstreckt: Amnesty International kritisiert Hinrichtung im Iran

Die Welt hat protestiert, doch es hat nichts genützt: Reyhaneh Jabbari wurde im Iran hingerichtet. Sie hatte einen Ex-Geheimdienstler umgebracht, der versucht haben soll, sie zu vergewaltigen.

Trotz nationaler und internationaler Proteste sowie einer Intervention von Präsident Hassan Rowhani hat die iranische Justiz am Samstag die 26-jährige Reyhaneh Jabbari exekutiert. Sie war 2009 von einem Teheraner Gericht wegen Mordes an dem 47-jährigen Arzt und früheren Geheimdienstmitarbeiter Morteza Abdolali Sarbandi zum Tode verurteilt worden. Der Fall hatte monatelang weltweit Aufsehen erregt.

„Dies ist ein weiterer blutiger Fleck auf der Menschenrechtsbilanz der Islamischen Republik“, erklärte Amnesty International und kritisierte den Strafprozess als „zutiefst mangelhaft“. Das Büro des UN-Menschenrechtsbeauftragten erklärte, es gebe Beweise, dass das Geständnis von Reyhaneh Jabbari durch Androhung von Folter erpresst worden sei. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer, geißelte die Todesstrafe als unmenschliche, grausame und unmoralische Art der Bestrafung. „Ich appelliere mit Nachdruck an alle Verantwortlichen im Iran, die Vollstreckung weiterer Todesurteile mit sofortiger Wirkung auszusetzen. Die Todesstrafe hat im 21. Jahrhundert keinen Platz mehr“, sagte er.

Die hingerichtete junge Frau hatte in dem Strafprozess gestanden, am 7. Juli 2007 ihr Opfer mit dem Messer von hinten in den Rücken gestochen zu haben. Sie habe in Notwehr gehandelt, erklärte sie vor Gericht, weil der Attackierte zuvor versucht habe, sie zu vergewaltigen. Getötet habe das verletzte Opfer aber ein zweiter Mann, der sich ebenfalls in der Praxis befand – eine Aussage, die die Angeklagte später widerrief. Die Identität ihres angeblichen Komplizen am Tatort ist bis heute ungeklärt. Nach Jabbaris Schilderung war sie als 19-Jährige in einer Teheraner Eisdiele mit Sarbandi ins Gespräch gekommen, nachdem dieser durch eines ihrer Telefonate mitbekommen hatte, dass sie Designerin ist. Beide verabredeten sich in der Praxis des Arztes, um eine mögliche Renovierung zu besprechen. Was dann geschah, blieb bis zuletzt umstritten.

Täter und Opfer sollen sich mehrfach vorher getroffen haben

Die Teheraner Staatsanwaltschaft erklärte nach der Exekution, die Polizei habe seinerzeit ermittelt, Sarbandi sei während des Gebets auf seinem Gebetsteppich von hinten erstochen worden. Der Verletzte sei dann laut „Diebe, Diebe“ schreiend die Gebäudetreppe heruntergelaufen, bis er zusammenbrach. Die Angeklagte habe zudem kurz zuvor einem ihrer Freunde eine SMS geschickt mit dem Text „Heute abend töte ich“. Reyhaneh Jabbari gab zu, das Messer bereits zwei Tage vor dem Treffen gekauft und es zu ihrem Schutz in der Handtasche bei sich getragen zu haben, eine Aussage, die von einem Zeugen bestätigt wurde.

Am Tatort fand die Polizei offenbar auch Kondome und ein Glas Saft, in das der Getötete ein Beruhigungsmittel eingerührt hatte. Iranische Websites wollen wissen, dass sich die beiden vor der Bluttat bereits mehrfach getroffen hatten. Im Gericht sei dann auch von einer „unmoralischen Beziehung“ zwischen Reyhaneh Jabbari und dem Opfer die Rede gewesen, berichtete ergänzend dpa. Nach Angaben des Richters sei dies nicht die erste Beziehung der Angeklagten zu einem älteren Mann gewesen. Vor der Tat habe Jabbari mit ihrem damaligen Chef ein Wochenende in dessen Villa am Kaspischen Meer verbracht.

Seit dem Amtsantritt des moderaten Präsidenten Hassan Rowhani am 4. August 2013 wurden im Iran nach Angaben des „Iran Human Rights Documentation Centre“ bereits 967 Menschen hingerichtet. Die Islamische Republik ist damit zusammen mit China, Irak, Nordkorea und Saudi-Arabien die Nation mit den meisten Exekutionen weltweit. Vor allem in den letzten Monaten, seit die Atomverhandlungen in Wien laufen, hat die Zahl der Hinrichtungen stark zugenommen. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass die iranische Justiz sich demonstrativ über westliche Kritik und Proteste hinwegsetzen möchte, um den Verständigungskurs des Präsidenten zu unterlaufen.

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