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Politik: Tories: Unterhaltsame Verlierer

Spannender als die Parlamentswahl finden die britischen Medien den Kampf um die Führung der Tory Party. Das Auswahlverfahren wird ihnen über das Sommerloch hinweghelfen.

Spannender als die Parlamentswahl finden die britischen Medien den Kampf um die Führung der Tory Party. Das Auswahlverfahren wird ihnen über das Sommerloch hinweghelfen. Es beginnt am Dienstag, doch erst am 12. September steht fest, wer die Partei von Churchill und Thatcher ins 21. Jahrhundert führt. Eine Aufgabe, die manche Beobachter fast für unmöglich halten.

Aufmerksam dürfte Tony Blair die Auseinandersetzung verfolgen. Die Konservativen wählen ja nicht nur einen Nachfolger für den gescheiterten William Hague. An die Personalfrage knüpft sich die Entscheidung, wie sie es in Zukunft mit Europa halten wollen. Seit dem Sturz Thatchers durch die Pro-Europäer 1990 hat dieser Streit Gräben quer durch die Partei gezogen. Gelänge dem Pro-Europäer Kenneth Clarke der Sprung an die Spitze, würde das Zauderer Tony Blair vielleicht Mut zu einem Referendum machen.

Anders als Blair ist Clarke ein altmodischer Überzeugungspolitiker, der sich von Meinungsumfragen nicht aus der Ruhe bringen lässt. Als seine Mitbewerber im Juni ihre internen Wahlkämpfe eröffneten, reiste der joviale Zigarrenraucher und stellvertretende Direktor des Tabakgiganten BAT erst einmal nach Vietnam, um Zigarettenwerbung zu machen. "Wir dürfen Blair nicht erlauben, dass er mit Europa weiter unsere Partei durcheinanderbringt", sagt Clarke. Er selbst würde im Falle eines Referendums an der Seite von Tony Blair für ein "Ja" kämpfen.

Clarkes aussichtsreichster Gegenspieler ist Michael Portillo, einst "Thatchers Kronprinz". Die Karriere des damaligen Verteidigungsministers erhielt 1997 einen Knick, als er in der Unterhauswahl seinen Parlamentssitz an einen unerfahrenen Labourpolitiker verlor. Er wurde zum Symbol der Niederlage von 1997. Die Verbannung nutzte Portillo zu einem Gesinnungswandel vom nationalistischen Thatcherismus zu einem fürsorglicheren Konservatismus. Der Sohn eines spanischen Einwanderers setzte sich für ethnische Minderheiten ein und schockierte die Partei mit einem Bekenntnis "homosexueller Experimente" in seiner Studentenzeit. Einer seiner wichtigsten Mitstreiter, der frühere Tory-Minister Peter Lilley, hat als erster britischer Politiker überhaupt die Legalisierung von Cannabis gefordert. Portillos größtes Problem ist das Misstrauen vieler gegenüber seinen vielen Wandlungen.

Die Fraktion wählt in einer Serie von Vorwahlen zwei Namen aus, über die dann die rund 300 000 Parteimitglieder entscheiden. Während Portillo die europakritische Mehrheit der 166 Unterhausabgeordneten hinter sich bringen dürfte, räumt man Clarke die besseren Chancen beim Parteivolk ein. Die drei weiteren Kandidaten haben kaum eine Chance: Der blasse Aristokrat Michael Ancram, David Davis, der die Tories auf den Weg eines konsequenten Neoliberalismus zurückführen will und Ian Duncan Smith, der "Stoppt Portillo"-Kandidat, der als Kompromisskandidat noch am ehesten für eine Überraschung gut sein könnte.

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