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Politik: Tränen der Erleichterung

Frankreichs Premier verkündet das Ende des Geiseldramas gerührt im Parlament – und ganz Paris feiert

Große Erleichterung in Paris: Die französischen Journalisten Christian Chesnot und Georges Malbrunot sind am Dienstagabend, dem 125. Tag ihrer Geiselhaft im Irak, freigelassen worden. Seit dem 20. August waren die beiden Reporter in den Händen der radikalen Gruppe „Islamistische Armee Iraks“. Ihre Entführung hatte in Frankreich vier Monate lang für Aufregung und hektische diplomatische Aktivitäten gesorgt.

Als die Nachricht ihrer Befreiung bekannt gegeben und bestätigt wurde, stand ganz Paris Kopf. Premierminister Jean- Pierre Raffarin unterbrach eine Parlamentssitzung und gab die Neuigkeit mit Tränen in den Augen bekannt. „Ganz Frankreich ist überglücklich“, sagte er vor den Abgeordneten, die sich erhoben und Beifall klatschten. Frankreichs Staatschef Jacques Chirac brach vor „Freude“, wie er sagte, sogar seinen Urlaub in Marokko ab und kehrte noch am Dienstagabend nach Paris zurück. Und Außenminister Michel Barnier kündigte an, die beiden Reporter persönlich abzuholen und nach Frankreich zurückzubringen.

Anläßlich der Verschleppung von Chesnot und Malbrunot hatten die Entführer zunächst die Abschaffung des Kopftuchverbots in Frankreich und später die Zahlung von mindestens fünf Millionen Euro gefordert. Aktivitäten des französischen Außenministeriums, aber auch die Solidarität aller muslimischen Vereinigungen mit den Gefangenen, in Frankreich wie im Nahen Osten, blieben erfolglos.

Aufregung hatte dann im September der private Vermittlungsversuch des rechtskonservativen Abgeordneten der Chirac-Partei UMP, Didier Julia, und seines, der rechtsextremen Partei Front National nahe stehenden Beraters Philippe Brett ausgelöst. Sie hatten behauptet, die Geiseln besucht und befreit zu haben, dann aber auf ihrer Route vom Irak nach Syrien von US-Truppen beschossen worden zu sein. Seither versuchte die Regierung, zu beruhigen und rief zu „Geduld und Umsicht“ auf. Nur die Medien und das Pariser Rathaus erinnerten an die Entführten. Die Zeitung „Le Figaro“ veröffentlichte täglich auf ihrer Titelseite ihre Porträts, am Rathaus prangten sie monatelang auf einem überdimensionalen Plakat. Und als hätte es das Boulevardblatt „Le Parisien“ geahnt: Am Tag der Freilassung titelte die Zeitung mit großen Lettern: „Weihnachten ohne die beiden?“

Nun mit Sicherheit nicht: Familien, Freunde, Politiker und Kollegen bereiteten sich auf einen großen Empfang auf dem Pariser Flughafen vor. Allerdings werden die Entführten, wie aus dem Umkreis des Premiers verlautete, dort wohl nicht vor Mittwochabend eintreffen.

Sabine Heimgärtner[Paris]

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