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Könnte Thailands erste Regierungschefin werden: Yingluck Shinawatra.

© AFP

Triumph der "Rothemden": Opposition gewinnt Wahl in Thailand

Yingluck Shinawatra, die Schwester des gestürzten Thaksin Shinawatra, könnte nun Premierministerin werden – wenn Armee und Gerichte sie lassen. Es gibt bereits zahlreiche Anzeigen wegen Wahlbetrugs.

Bei den Wahlen in Thailand hat die Opposition nach dem vorläufigen Ergebnis 265 der 500 Sitze im Parlament errungen. Das teilte die Wahlkommission am Montag nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen mit. Damit steht der Vereidigung von Wahlsiegerin Yingluck Shinawatra (44) als erste Frau an der thailändischen Regierungsspitze nichts mehr im Wege. Der geschlagene Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva kam mit seiner Partei nur auf 159 Sitze. Er kündigte seinen Rücktritt von der Parteispitze an. Dennoch hängt vieles davon ab, wie sich in den kommenden Wochen die Justiz, die Armee und militante Gegner von Ex-Premier Thaksin Shinawatra verhalten werden.

Die Wahlkommission hat mehr als 1900 Beschwerden über angeblichen Wahlbetrug erhalten. Jede Anzeige werde in den kommenden zwei Wochen geprüft, sagte Kommissionsmitglied Somchai Jungprasert der „Bangkok Post“. Die meisten Beschwerden kamen aus dem Norden und Nordosten des Landes - Bastionen der Sieger-Partei Pheu Thai. Kandidaten, die etwa Stimmen gekauft haben, können ihr Mandat verlieren. Parteien können aufgelöst werden. So geschah es mit 2008 der Vorgänger-Partei von Pheu Thai, der PPP, die damals die Regierungsverantwortung hatte. Wahlsiegerin Yingluck begann schon am Sonntag die ersten Koalitionsverhandlungen. Obwohl ihre Partei die absolute Mehrheit errang, will sie zwei oder mehr kleinere Parteien ins Boot holen.

Yingluck ist die jüngere Schwester des 2006 gestürzten Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra. Er lenkt die Geschicke der Pheu Thai-Partei aus dem Exil. Thaksin hofft auf eine Amnestie, die ihm die Rückkehr nach Thailand ohne Festnahme erlaubt. Er war in Abwesenheit zu zwei Jahren Haft wegen Amtsmissbrauchs verurteilt worden.

Vor dem Hauptquartier der Puea- Thai-Partei war das Gedränge schon am frühen Sonntagnachmittag groß. Dutzende von Kameraleuten und Fotografen drängten sich mit hunderten Parteianhängern vor dem Gebäude in einem zentralen Distrikt von Bangkok. Unter ihnen waren viele Unterstützer der „Einheitsfront für Demokratie und gegen Diktatur“ (UDD). Sie hatten sich demonstrativ ihre roten T-Shirts angezogen, das Markenzeichen der Bewegung. Vergangenes Jahr waren zigtausende Rothemden auf die Straßen gegangen und hatten Neuwahlen gefordert. Binnen weniger Wochen starben bei Zusammenstößen mit der Armee mehr als 90 Menschen.

Nach den ersten Hochrechnungen johlte die Menge „Yingluck – Premierministerin!“, die Menschen konnten ihre Freude kaum bändigen. Als Yingluck Shinawatra, Schwester des 2006 von der Armee gestürzten Ex-Premiers Thaksin Shinawatra und Spitzenkandidatin von Puea Thai, wenige Minuten später in einer Limousine vorfuhr, musste sie schon in der Einfahrt stehen bleiben. Sofort belagerten Kameraleute, Fotografen und jubelnde Anhänger ihren Wagen. „Das Wahlergebnis zeugt davon, dass die Menschen in Thailand mehr Freiheiten haben möchten“, sagte ein Geschäftsmann Ende 50, einer der Puea-Thai-Anhänger vor der Parteizentrale. „Wir hatten viele Probleme seit dem Putsch vor fünf Jahren. Ich bin sehr froh über die ersten Ergebnisse.“ Er sei zuversichtlich, sagt der Mann weiter, dass einflussreiche Kreise das Wahlergebnis dieses Mal anerkennen würden.

Die dunklen Gewitterwolken, die einige Zeit später über dem Hauptquartier der Democrat Party von Premierminister Abhisit Vejjajiva weiter im Norden in der Stadt aufziehen, hatten an diesem Tag einen besondern Symbolcharakter. Ein riesiges Porträtfoto von Thailands König Bhumibol Adulyadej hing an einer Außenwand des Gebäudes. Auch hier warteten Pressevertreter die weiteren Entwicklungen ab. Sie waren den Parteimitgliedern und Anhängern der derzeitigen Regierung zahlenmäßig überlegen. Die Berichterstattung der staatlichen Fernsehsender wurde auf einer großen Leinwand übertragen. Einige wenige Democrat-Anhänger bejubelten Berichte über Siege im Süden des Landes, der traditionellen Hochburg der Partei. Die Stimmung war jedoch gedrückt.

Die Armee hat nach dem Putsch 2006 zahlreiche wichtige Richterposten neu besetzt. Das spiegelt sich in einer Reihe spektakulär einseitiger Urteile wider. 2008 hat ein Gericht nach dem Sieg einer Pro-Thaksin-Partei den damaligen Premierminister Samak Sundaravej aus dem Amt gehoben. Wenige Monate später löste ein Gericht nach Protesten monarchistischer „Gelbhemden“ die regierende Pro-Thaksin-Partei „People’s Power Party“ (PPP) ganz auf. Die Armee sorgte hinter den Kulissen dafür, dass anschließend Abhisit Vejjajiva zum Premierminister gewählt wurde.Dasselbe Gericht stellte vor wenigen Monaten Ermittlungen in zwei Korruptionsverfahren gegen Abhisits Democrat Party aufgrund von „prozeduralen Fehlern“ ein. Es scheint gut möglich, dass es auch jetzt wieder eine juristische Intervention zugunsten der Wahlverlierer geben könnte.

Thailands bisweilen blutiger politischer Konflikt geht in die nächste Runde. (mit dpa)

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