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Trotz Bedingungen der Türkei: Nato will Raketenabwehr beschließen

Die Nato wird bei ihrem Gipfeltreffen am Freitag in Lissabon die umstrittene Raketenabwehr für Europa beschließen, den Iran aber nicht als einen der Gründe dafür nennen.

Von Michael Schmidt

Berlin - Das hat Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen zu Wochenbeginn deutlich gemacht. „Es gibt keinen Grund, bestimmte Länder zu nennen, denn es gibt schon eine ganze Menge davon“, die mit Raketen die Nato bedrohen könnten, sagte Rasmussen.

Mit dem Verzicht auf die Erwähnung des Irans vermeidet die Nato einen Konflikt mit dem Mitgliedsland Türkei. Ankara hatte sich wegen guter Beziehungen zu Teheran geweigert, den Nachbarn Iran namentlich zu nennen. Am Dienstag legte die türkische Regierung nach und erklärte, für eine Zustimmung zum Aufbau des Nato-Raketenschirms einen Teil der Kommandogewalt erhalten zu wollen. „Es ist wichtig, wer das Kommando führt. Wenn sie das System bei uns installieren wollen, sollte das Kommando an uns gehen“, zitierten türkische Zeitungen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan: „Sonst können wir das nicht akzeptieren.“

Die Raketenabwehr soll, so präzisierte Rasmussen wenige Tage vor dem Nato- Gipfel am Freitag, auf dem sich die Allianz ein neues strategisches Konzept geben will, vor allem aus der Verbindung bereits vorhandener Raketenabwehrsysteme entstehen – einem russischen und einem Nato-Teil. Rasmussen ließ Kompromisslinien auch in anderen wichtigen Fragen erkennen, in denen es bisher noch Streit zwischen den 28 Verbündeten gab. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Staats- und Regierungschefs des nordatlantischen Bündnisses sich darauf einigen, dass die Nato eine „strategische Partnerschaft“ mit der EU anstrebe. Auch hier hatte die Türkei bisher – wegen des Streits mit dem EU-Mitglied Zypern, der seit Jahren zu wechselseitigen Blockaden führt – Widerstand angekündigt. „Es ist ja kein Geheimnis, dass es darüber Diskussionen gab und gibt“, sagte Rasmussen, aber er sei zuversichtlich, „dass wir beim Gipfel oder sogar schon vorher eine Lösung finden“.

Kritik an den geplanten Gipfelbeschlüssen kommt aus den Reihen der Friedensbewegung. Reiner Braun vom Internationalen Verband der Juristen und Juristinnen gegen atomare, biologische und chemische Waffen, verurteilte das Festhalten an Atomwaffen, damit falle die Nato hinter das von US-Präsident Barack Obama ausgegebene Ziel einer atomwaffenfreien Welt zurück. Außerdem lehne er „Interventionskriege der Nato für wirtschafts- und energiepolitische Ziele“ als „nicht vereinbar mit dem Verteidigungsauftrag der Bundeswehr“ ab. Den geplanten Raketenschirm nannte Braun ein „sündhaft teures neues Rüstungsprojekt“, das „angesichts der Finanz- und sozialen Krisen weltweit schlicht nicht zu verantworten ist“.

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