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Politik: Trotz Lehrstellenpakt klafft eine große Lücke Firmen beklagen mangelnde Qualifikation

Berlin - Die Lehrstellenlücke wird zum Beginn des Ausbildungsjahres 2005 nach Prognosen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) leicht über dem Vorjahresniveau liegen. „Wir rechnen mit 32000 fehlenden Ausbildungsplätzen“, sagte IAB-Direktorin Jutta Allmendinger dem Tagesspiegel.

Berlin - Die Lehrstellenlücke wird zum Beginn des Ausbildungsjahres 2005 nach Prognosen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) leicht über dem Vorjahresniveau liegen. „Wir rechnen mit 32000 fehlenden Ausbildungsplätzen“, sagte IAB-Direktorin Jutta Allmendinger dem Tagesspiegel. Die Zahl sei aber unsicher, weil sich in den letzten zwei Septemberwochen noch einiges tun könne. Vor einem Jahr hatte die rechnerische Differenz zwischen offenen Lehrstellen und unversorgten Bewerbern bei 30700 gelegen. Die Gewerkschaften forderten nun den Gesetzgeber auf, einzugreifen. „Der Ausbildungspakt hat ohne Zweifel seine Zielsetzungen nicht erfüllt“, sagte Vizechefin des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Ursula Engelen-Kefer, dem Tagesspiegel. Appelle an die Arbeitgeber reichten längst nicht mehr aus, „jetzt muss der Gesetzgeber aktiv werden“.

Angesichts der angespannten Lage auf dem Ausbildungsmarkt hatten Bundesregierung und Wirtschaft im Sommer 2004 einen Ausbildungspakt geschlossen. Darin verpflichten sich Industrie, Handel und Handwerk, 30000 neue Lehrstellen pro Jahr zu schaffen. Mit dem Pakt war eine gesetzliche Lehrstellenumlage verhindert worden, welche die rot-grüne Regierung auf den Weg gebracht hatte. Engelen-Kefer forderte die Unternehmer auf, „das politische Vakuum nicht auszunutzen, um sich aus der Verantwortung zu stehlen“. Beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hieß es, die politische Hängepartie habe auf die Bemühungen der Wirtschaft keinen Einfluss.

Viele Firmen bilden nicht aus, weil sie die Bewerber für nicht ausbildungsfähig halten. „Die Betriebe drücken sich nicht“, sagte IAB-Chefin Allmendinger. Es müsse sich aber etwas in den Schulen ändern: So sei es sinnvoller, früher bei den Jugendlichen anzusetzen, als wenn die Bundesagentur für Arbeit später viel Geld investieren müsse, um die jungen Menschen ausbildungsfähig zu machen. Allmendinger mahnte, wenn man das Problem der Ausbildung nicht in den Griff bekomme, drohe eine neues „Lumpenproletariat“. Die Arbeitslosigkeit von Personen, die keine Berufsausbildung haben, liege in den alten Bundesländern bei 22 Prozent, in den neuen bei 51 Prozent.

Erschwert wird die Vermittlung Jugendlicher seit Jahresanfang durch die Hartz-IV-Reform, mit der per Gesetz die Betreuung von Arbeitslosen zweigeteilt worden ist: Die Arbeitsagenturen sind für Arbeitslosengeld-I-Empfänger zuständig, die Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen für Arbeitslosengeld-IIEmpfänger. Problematisch dabei ist, dass dieses Splitting auch bei der Vermittlung von Ausbildungsplätzen gilt. „Junge Menschen, deren Eltern beschäftigt sind oder ArbeitslosengeldI bekommen, werden von den Arbeitsagenturen betreut; Jugendliche, die aus Haushalten kommen, wo Arbeitslosengeld II bezogen wird, von den Arbeitsgemeinschaften“, sagte Engelen-Kefer. Nicht nur, dass hier eine Art Sippenhaft gelte, auch für die Arbeitgeber sei diese Regelung ein Riesenproblem. „Da kommt dann erst mal der Vermittler von der Arbeitsagentur, dann der von der Arbeitsgemeinschaft, anschließend der einer Optionskommune“, sagte Engelen-Kefer. „Das Chaos ist doch vorprogrammiert.“ Sie fordert daher von einer neuen Bundesregierung, dieses „unsinnige Gesetz“ umgehend zu ändern.

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