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Politik: Trügerische Symbolik (Kommentar)

Ausgerechnet an dem Tag, an dem Helmut Kohl in der Parteispenden-Affäre die Flucht nach vorn antritt und sein eigenes Denkmal als Kanzler der deutschen Einheit und der europäischen Einigung entweiht, darf Gerhard Schröder vor der französischen Nationalversammlung sprechen. Der symbolträchtige Auftritt war Kohl in seiner Amtszeit verwehrt geblieben.

Ausgerechnet an dem Tag, an dem Helmut Kohl in der Parteispenden-Affäre die Flucht nach vorn antritt und sein eigenes Denkmal als Kanzler der deutschen Einheit und der europäischen Einigung entweiht, darf Gerhard Schröder vor der französischen Nationalversammlung sprechen. Der symbolträchtige Auftritt war Kohl in seiner Amtszeit verwehrt geblieben. Er hätte ihn als verdiente Ehrung genossen. Seinem Nachfolger aus Hannover fällt der prestigeträchtige Auftritt scheinbar wie von selbst zu. Es gibt diese Tage, an denen solche Symbolbilder die Tagesform und die äußere Einschätzung einzelner Politiker und Parteien fast automatisch bestimmen. Aber dies ist ein Trugbild: Schröder, der zum Paulus gewandelte Europäer vor der Assemblée Nationale, und Kohl, der Mann der Anderkonten, vor skeptischen CDU-Parteifreunden. Es hat ja seinen Grund, dass Paris dem deutschen Kanzler nach einem Jahr rot-grüner Regierung mit reichlichen deutsch-französischen Irritationen das außergewöhnliche Forum der Nationalversammlung zur Verfügung stellt. Damit verband sich die Erwartung, dass Schröder als Gegenleistung für die seltene Ehre eine Rede hält, die all jene beruhigt, die spätestens seit der Veröffentlichung des Schröder-Blair-Papiers und dem Regierungsumzug nach Berlin eine Abkühlung in den deutsch-französischen Beziehungen befürchten. Derartige Ängste sind unbegründet: Mit den neuen Militärplanungen in der Europäischen Union haben Paris, London und Berlin eine Aufgabe gefunden, die sie mehr verbindet als Papiere - oder Reden vor der Nationalversammlung.

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