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"Amerika zuerst, Amerika zuerst": Donald Trump redet, seine Gattin lauscht.

© AFP/Getty Images/Alex Wong

Trumps Ansatz: Der Präsident will die Welt ganz allein retten

Trumps Welt ist die eines Einzelkämpfers ohne Verbündete. Er stellt sich zwar als Präsident der einfachen Leute vor. Aber beteiligen will er sie an nichts. Er setzt auf Anordnungen – und Drohungen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Die Zeit des Geredes sei vorbei, jetzt zählten Taten. Das hat Donald Trump in seiner Inaugurationsrede als Maßstab vorgegeben. Nur: Wie soll das gut gehen, wenn er erst mal alle vors Schienbein tritt, deren Kooperation er benötigt? Er hat die „politische Klasse“ pauschal als Bande von Dieben abgetan, die sich bereichern und die Bürger zu Verlierern machen. Aber ohne die Abgeordneten, Senatoren und Powerbroker wird es kein Geld für große Infrastruktur- und Jobprogramme, keine neue Gesundheitsreform, keine besseren Handelsverträge, keine Mauer zu Mexiko und kein neues Einwanderungsrecht geben.

Trumps Rede zur Amtseinführung hat viele Menschen in den USA konsterniert. Und nicht nur dort. Was war das für eine kriegerische Sprache? Was für ein Gesellschaftsbild trat da hervor? Die Nachbarländer, Verbündeten und Partner hätten ein „Gemetzel“ (carnage) in der US-Wirtschaft angerichtet, Jobs und Ressourcen geplündert. Jetzt sei es höchste Zeit für Schutzmaßnahmen, mit „Kauft amerikanisch!“ und „America First“ borgt er Sprachbilder aus der Zeit eines aggressiven Nationalismus.

Trumps Welt ist eine Welt des Einzelkämpfers ohne Verbündete, in der Innen- wie der Außenpolitik. Er stellt sich zwar als „People's President“ vor – einer, der die Interessen der einfachen Leute zur Priorität macht. Aber beteiligen will er sie an nichts. Trump rettet Amerika ganz allein, durch Anordnung von oben – und Drohungen. Es klingt nach patriarchalischem Obrigkeitsstaat aus vergangenen Jahrhunderten. Politik bedeutet Kampf, Erfolg kann er sich offenbar nur als Sieg über imaginierte Feinde vorstellen. „Win-win“, eine Einigung, bei der alle Seiten gewinnen, kam in der Rede nicht vor.

Destruktiver Ansatz

Das ist ein scharfer Kontrast zu Barack Obamas Inaugurationsrede von 2009, die fünf Minuten länger und sehr viel inhaltsreicher war. Obama warb um Mitwirkung, beschrieb eine offene Bürgergesellschaft, die an Verantwortung, Entscheidung und Machtausübung partizipiert. Der Einfluss selbst der besten Regierung sei begrenzt. Trotz dieser Einsicht konnte er vieles nicht durchsetzen.

Trumps erste Dekrete haben einen destruktiven Ansatz: Obamas Gesundheitsreform will er durch Geldentzug aushebeln, soweit das ohne Rechtsbruch geht; was stattdessen kommen soll und wie, bleibt im Dunkeln. Und er erklärt Obamas Dekrete für ungültig, ohne andere Vorgaben für die Klima- und Umweltpolitik und den Umgang mit illegalen Einwanderern an deren Stelle zu setzen.

Wenn er diesen Politikansatz nicht ändert und nicht um Verbündete wirbt, wird er gegen Mauern rennen. Auch bei aller politiker- und establishmentverdrossenen Überheblichkeit der Welt kann man eine Supermacht nicht mit Fingerschnipsen und Twittermeldungen steuern. Das ist schlicht und ergreifend unmöglich. Ergebnis wäre also weniger ein Präsident Trump, den Amerika fürchten muss, weil er viel zu viel bewegt. Sondern eine verstärkte Blockade der schon jetzt so zähen amerikanischen Politik, in der mehr scheitert als gelingt.

Und der Rest der Welt, muss der sich fürchten? Seinen dreisten Behauptungen kann man die Wirklichkeit entgegenhalten, den Sinn internationaler Fertigungsketten, den Wert der Nato, auch für Amerika. Gefahren können sich freilich aus seiner Unberechenbarkeit ergeben, sofern er Gegner damit zu Fehlkalkulationen verleitet.

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