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Hasankeyf

© dpa

Türkei: PKK droht mit Anschlägen gegen Ilisu-Staudamm

Nach dem Rückzug der europäischen Kreditgarantien für den Ilisu-Staudamm in der Südosttürkei hat die kurdische Rebellengruppe PKK mit Angriffen auf die Baustelle gedroht. In Ankara verschärft sich die Diskussion um die Zukunft des Projekts.

Nach der Rücknahme der europäischen Kreditgarantien für den Ilisu-Staudamm in der Südosttürkei hat die kurdische Rebellengruppe PKK mit Angriffen auf die Baustelle gedroht. Bei den türkischen Staudammprojekten in Südostanatolien handele es sich nicht um Entwicklungsprojekte zur Verbesserung des Lebensstandards der örtlichen Bevölkerung, wie von Ankara behauptet, sondern um militärische Projekte, erklärte das Hauptquartier des bewaffneten Armes der PKK. "Wir warnen hiermit alle beteiligten Arbeiter und Ingenieure davor, bei diesen Projekten mitzuarbeiten."

Bei den Vorarbeiten für den Ilisu-Staudamm waren bis zur Suspendierung der europäischen Kreditverträge zu Jahresbeginn fast 800 Arbeiter beschäftigt, die meisten davon Kurden aus den umliegenden Ortschaften. Am Dammbau selbst sollen insgesamt 4000 Arbeiter beschäftigt werden. Bis zum endgültigen Rückzug der europäischen Kredite in der vergangenen Woche waren auch einige Ingenieure der beteiligten Firmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz auf der Baustelle am Tigris tätig.

Möglicherweise war es ihre Anwesenheit gewesen, die die Rebellen bisher von offenen Angriffen auf die Baustelle abgehalten hatte. Bei einem Anschlag auf eine andere Dammbaustelle in der benachbarten Provinz Sirnak starben jedenfalls letzte Woche vier Arbeiter; neun weitere wurden verletzt. Die PKK erklärte allerdings, sie habe mit diesem Anschlag nichts zu tun gehabt.

In Ankara verschärfte sich unterdessen die Diskussion um die Schuld am Rückzug der europäischen Kreditgarantien für den Ilisu-Staudamm und um die Zukunft des Projekts. Deutschland, Österreich und die Schweiz hatten am vergangenen Dienstag gemeinsam entschieden, ihre Kreditgarantien von 450 Millionen Euro für den Damm zurückzuziehen, weil Ankara die mit den Krediten verbundenen Auflagen zum Schutz von Mensch, Umwelt und Kultur im Flutungsgebiet nicht erfüllte.

Der für den Staudamm zuständige Umweltminister Veysel Eroglu verwies im Zusammenhang mit der Entscheidung aus Berlin, Wien und Bern auf "Länder, die einen Aufstieg der Türkei zur Regionalmacht verhindern wollen". Auf die Nachfrage, welches Land er denn meine, entgegnete der Minister, das wisse wohl jeder, der sich mit Politik beschäftige. "Das weiß aber kein Mensch", entgenete der Wirtschaftskoumnist Metin Münir dem Minister in der Tageszeitung "Milliyet" bissig. "Denn so ein Land gibt es nicht."

Nach Einschätzung von Münir, der das Projekt seit Jahren kritisch beobachtet, ist die Schuld alleine bei Minister Eroglu zu suchen, der als früherer Chef der Staatlichen Wasserwerke - den Bauherren des Damms - von Anfang an für das Projekt zuständig war. Um den Auftrag ohne Ausschreibungen an von ihm favorisierte Firmen vergeben zu können, habe Eroglu sich von Auslandskrediten abhängig gemacht, kritisierte Münir. "Und sein zweiter großer Fehler: Er hat die 150 Auflagen der Kreditgeber akzeptiert, sie aber nicht erfüllen können, weil unsere Behörden dazu weder die Fähigkeit noch die Überzeugung besitzen."

Obwohl Minister Eroglu noch am Tag der europäischen Absage die Entschlossenheit der Türkei bekräftigt hatte, den Staudamm auch ohne die Kredite aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zu bauen, blieb bisher offen, wie das geschehen soll: ob die Kredite etwa aus dem türkischen Staatshaushalt ersetzt werden, ob chinesische oder russische Unterstützung gesucht wird, oder ob das Projekt tatsächlich ausgeschrieben wird. Mit letzterer Lösung sei jedenfalls nicht zu rechnen, meint Wirtschaftskolumnist Münir: "Mal sehen, welchen gerissenen Winkelzug sie sich jetzt einfallen lassen."

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