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Politik: Türkei will härtere Gesetze gegen Terror Wer PKK-Symbole trägt, dem droht Haft

Auf wenige Errungenschaften sind Regierung, Juristen und Menschenrechtsgruppen in der Türkei so stolz wie auf die demokratischen Reformen der vergangenen Jahre. Im Zuge der EU-Kandidatur erweiterte die Türkei die Meinungsfreiheit und verstärkte die Kontrolle über die Sicherheitsbehörden.

Auf wenige Errungenschaften sind Regierung, Juristen und Menschenrechtsgruppen in der Türkei so stolz wie auf die demokratischen Reformen der vergangenen Jahre. Im Zuge der EU-Kandidatur erweiterte die Türkei die Meinungsfreiheit und verstärkte die Kontrolle über die Sicherheitsbehörden. Doch nun sehen Rechtsexperten das Land vor einem Rückfall in längst überwunden geglaubte Zeiten. Ausgerechnet kurz vor dem geplanten Beginn der türkischen EU-Beitrittsgespräche am 3. Oktober prüft die Regierung eine Verschärfung des Anti- Terror-Gesetzes.

Anlass sind die jüngst eskalierten Gewalttaten der Kurdenrebellen von der PKK. Die Regierung sieht sich unter dem Druck von Militärs und Nationalisten. Eine Kommission aus Regierungsvertretern, Militärs und Akademikern arbeitet deshalb an einem neuen Anti-Terror-Gesetz. Federführend ist Justizminister Cemil Cicek, der sich immer mehr als nationalistischer Falke im Kabinett hervortut.

Offiziell ist noch nichts beschlossen, doch die an die Presse durchgesickerten Details sorgen für Wirbel. Berichten zufolge soll die Novelle eine Neudefinition des Terror-Begriffs beinhalten. Mit den EU-Reformen war der Grundsatz eingeführt worden, dass zu „Terror“ die Gewalt gehört. Künftig soll Terror angeblich jede Straftat umfassen, „die mit dem Ziel begangen wird, die verfassungsmäßige, politische, rechtliche, wirtschaftliche und soziale Ordnung zu zerstören und Instabilität zu erzeugen“ – ein klassischer Gummi-Paragraf. Nach Protesten der Öffentlichkeit beeilte sich Cicek festzustellen, an der Terror-Definition solle nicht gerüttelt werden.

Trotzdem stellen einige Vorschläge eine klare Verschärfung dar. Demonstranten, die Bilder von PKK-Chef Abdullah Öcalan oder Bänder in PKK-Farben bei sich tragen, sollen mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden. Bei Festnahmen unter Terrorverdacht sollen die als Maßnahme gegen die Folter eingeführte Pflicht zur sofortigen Benachrichtigung Angehöriger gelockert und die Verteidigerrechte beschnitten werden. Ausdrücklich bezieht sich Justizminister Cicek auf die nach den Londoner Anschlägen angekündigten Anti-Terror-Maßnahmen in Großbritannien. Ankara will sich so gegen die absehbare Kritik aus der EU an den Verschärfungen absichern. Auch Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sagte, die Sicherheitskräfte müssten im Kampf gegen den Terror gestärkt werden. Menschenrechtler, Rechtsexperten und ein Großteil der Medien kritisieren, die Verschärfungen würden die demokratischen Fortschritte der vergangenen Jahre zunichte machen. Schärfere Gesetze trügen nicht zur Problemlösung bei, sondern nur dazu, die Gefängnisse zu füllen, warnt der Chef der Menschenrechtsorganisation IHD, Yusuf Alatas.

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