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TV-Duell

© AFP

TV-Debatte: Rechthaber und Rechtgeber

Auch nach dem mit Spannung erwarteten ersten TV-Duell der Präsidentschaftskandidaten bleibt das Rennen um das Weiße Haus offen. In der Fernsehdebatte punkten John McCain und Barack Obama nicht mit Argumenten und Positionen, sondern mit gegensätzlichen Umgangsstilen.

Vielleicht war es der entscheidende Tag des Präsidentschaftsrennens. Bei keinem anderen Wahlkampfereignis schauen mehr Amerikaner zu als bei der ersten Fernsehdebatte der Kandidaten. Anderthalb Stunden wetteiferten Barack Obama und John McCain an der Universität von Mississippi darum, die Wähler von ihren Positionen zur Wirtschaftskrise und zu den verschiedenen Feldern der Außenpolitik von Irak und Afghanistan über Russland bis Iran zu überzeugen.

Vorher hatten Beobachter argumentiert, McCain sei dringender auf einen deklassierenden Sieg angewiesen als Obama. Der Republikaner ist in den Umfragen der jüngsten zehn Tage ins Hintertreffen geraten, vor allem wegen der Banken- und Finanzkrise. Das offizielle Thema des Abends, die Außen- und Sicherheitspolitik, kam McCain entgegen. Doch von Anfang an war klar, dass Moderator Jim Lehrer vom Sender PBS die Wirtschaftskrise nicht außer Acht lassen würde; sie ist das mit Abstand wichtigste Thema für die Wähler. Ihr war das erste Drittel gewidmet, der Löwenanteil der Debatte galt dann der Außenpolitik.

"Senator Obama versteht nicht, dass ..."

Zum wichtigsten Unterscheidungsmerkmal an diesen Abend wurden nicht gegensätzliche Sachpositionen. Die gab es zwar auch, vor allem zur Irakpolitik und zum Umgang mit Irans Atomprogramm. Aber die größte Differenz zeigten McCain und Obama im Umgangsstil. McCain versuchte seinen Erfahrungsvorsprung auszunutzen und begann seine Attacken immer wieder mit den Worten: "Senator Obama versteht nicht, dass ..." Die Wendung war hörbar einstudiert. McCain behandelte den um 25 Jahre jüngeren Senatskollegen wie ein Meister, der dem Lehrling sagt, wo es langgeht.

Ganz anders Obama. Die Worte, die er am häufigsten wiederholte waren: "John hat Recht, aber ..." Er behandelte den Senior und Vietnamhelden respektvoll, gab ihm aber in der Sache nicht nach. Er betonte seine frühzeitige Ablehnung des Irakkriegs und verteidigte seine Bereitschaft, mit Iran zu verhandeln.

McCain warf Obama vor, er wolle einfach nicht zugeben, dass die Truppenverstärkung im Irak, die der Demokrat abgelehnt hatte, erfolgreich sei. Obamas Iran- und Russlandpolitik verurteilte der Republikaner als "nicht nur naiv, sondern gefährlich".

Der Alte und der Aufsteiger

McCain redete ruhig, fast langsam. Es wirkte, als ruhe er ganz in sich. Er benutzte eine bildhafte Sprache. Obama bemühte sich, mit vielen Details sein Faktenwissen auszubreiten, um so gegen McCains Erfahrung zu punkten. Er redete schneller und wirkte mitunter hektisch. McCain grinste ironisch, wenn Obama ihm Vorwürfe machte, die er für unberechtigt hielt. Der Demokraft blickte in vergleichbaren Momenten nach unten und schüttelte den Kopf, um anschließend Gelegenheit zu einer Korrektur zu verlangen.

Die Kommentatoren der Fernsehsender wollten anschließend kein Urteil fällen, wer gesiegt habe. Keiner von beiden haben einen größeren Fehler begangen. Und wie die Wähler den unterschiedlichen Umgangsstil bewerten, werden erst die Umfragen der nächsten Tage zeigen. Gut möglich, dass es beide etwas übertrieben haben: Obama mit seiner Ehrerbietung gegenüber dem Älteren, McCain mit seiner Arroganz gegenüber dem Aufsteiger.

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