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Frank-Walter Steinmeier nach dem Treffen der Außenminister in Berlin.

© dpa

Ukraine-Konflikt: Außenminister rufen zu Waffenruhe auf

Die Ukraine ruft 68.000 Soldaten zusätzlich zu den Waffen und bekommt nun auch US-Kriegsgerät. Die Außenminister rufen nach einem Treffen in Berlin zu einer Waffenruhe auf.

Die Außenminister der Ukraine, Russlands, Deutschlands und Frankreichs haben bei ihrem Treffen in Berlin zur sofortigen Einstellung der Kämpfe in der Ostukraine aufgerufen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte am späten Mittwochabend nach dem Treffen im Gästehaus des Auswärtigen Amts, sie hätten sich auf die Linie geeinigt, von der beide Seiten ihre schweren Waffen abziehen sollten. Es habe keinen "Durchbruch" gegeben, doch "wahrnehmbare Fortschritte".

Zuvor war der Ton zwischen der Ukraine und Russland schärfer geworden. Zwar wollen beide Länder wieder an den Verhandlungstisch, doch es ist unüberhörbar, dass Kiew und Moskau weiter aufrüsten. Präsident Petro Poroschenko, der in dieser Woche eigentlich auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos um Investoren werben wollte, brach seinen Besuch in der Schweiz ab.

Ministerpräsident Arseni Jazenjuk gab bekannt, anstatt der 50 000 Reservesoldaten in den nächsten Wochen 68 000 Männer und Frauen für den Militäreinsatz ausbilden zu wollen. Damit hätte die Armee eine Stärke von 250 000 Soldaten.

In der Ukraine wird nun wieder über die Verhängung des Kriegsrechts gesprochen. Der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Verteidigung und Nationale Sicherheit, Sergej Paschinski, sagte dem TV-Sender „5 Kanal“ am Montagabend: „Angesichts der aktuellen Lage in der Ostukraine müsste in der Ukraine eigentlich das Kriegsrecht ausgerufen werden.“ Allein die Abhängigkeit von den Krediten des Internationalen Währungsfonds verhindere diesen Schritt. Die Statuten des IWF verbieten Finanzhilfen an Staaten, die sich im Krieg befinden.

Wer konkret hinter den Sabotageakten steht, ist unklar

Paschinski, der als enger Vertrauter des Chefs des Nationalen Sicherheitsrates, Alexander Turtschinow, gilt, betonte, nicht nur die von prorussischen Separatisten besetzten Gebiete in Donezk und Luhansk seien instabil, sondern auch weitere Gebiete seien in den vergangenen Wochen immer öfter Ziel von Sabotageakten geworden. In der vergangenen Woche explodierte eine Bombe in der Innenstadt Charkiws, 14 Menschen wurden verletzt. In der Region Saporischschja verübten Unbekannte in der Nacht zum Dienstag einen Bombenanschlag auf einen mit Erz beladenen Güterzug, es gab erheblichen Sachschaden.

In der Ukraine vergeht kein Tag, an dem nicht solche Meldungen, parallel zu den Nachrichten über die offenen Kampfhandlungen in den Separatistengebieten, die Öffentlichkeit verunsichern. Wer konkret hinter den Sabotageakten steht, ist unklar. Der von Poroschenko eingesetzte Sicherheitschef, Alexander Turtschinow, ein Parteifreund von Ministerpräsident Jazenjuk, hat am Dienstag den Osten des Landes besucht. Er sagte vor Medien in Charkiw: „Das Hauptziel der russischen Aggression gegenüber der Ukraine ist die Zerstörung der Unabhängigkeit und Souveränität unseres Staates.“

Die USA sind offenbar nun doch bereit, der Ukraine technisches Gerät zu liefern, das sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden kann. US-Botschafter Geoffry Pyatt teilte am Montag mit, der US-Kongress habe weitere 75 Millionen US-Dollar für die Ukraine bereitgestellt. Die Mittel sollen für „technische Ausrüstung“ verwendet werden. Auf Twitter postete Pyatt ein gepanzertes Fahrzeug, das schon bald den ukrainischen Grenztruppen geliefert werde.

Von den für den späten Mittwochabend in Berlin geplanten Gesprächen der Außenminister Deutschlands, Frankreichs, der Ukraine und Russlands versprachen sich die Politiker im Vorfeld kaum Fortschritte. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, sie hoffe zwar, „dass heute doch vielleicht einige Strukturen entstehen können“. Sie wolle aber „keine übergroßen Hoffnungen erzeugen“.

Russland will sich für Pufferzone einsetzen

Russland will sich bei Krisengesprächen für eine bereits im September vereinbarte demilitarisierte Pufferzone zwischen den Konfliktparteien im Osten des Landes einsetzen. Auch die prorussischen Aufständischen seien bereit, ihre jüngsten Landgewinne aufzugeben und ihre Waffen hinter diese Linie zurückzuziehen, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch. „Das wird eine der wichtigsten Fragen, die wir in Berlin besprechen werden.“

Der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin kommentierte Lawrows Äußerungen umgehend auf Twitter: „Ich habe Lawrow aufmerksam zugehört und will deutlich machen: Russland soll endlich alle Punkte der Minsker Vereinbarungen umsetzen, nicht indem man darüber redet, sondern es tut.“

Der prowestlichen Führung in Kiew zufolge haben die Separatisten seit September das von ihnen kontrollierte Gebiet um 500 Quadratkilometer vergrößert. Die Aufständischen werfen der Armee ihrerseits vor, Land erobert und den Friedensplan verletzt zu haben. (mit AFP)

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