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Gemeinsam eröffneten Kanzlerin Angela Merkel und der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk ein Wirtschaftsforum in Berlin.

© Reuters

Ukrainischer Premier Arseni Jazenjuk bei Angela Merkel: „Ich glaube an seinen Reformwillen“

Die Kanzlerin stellt sich demonstrativ hinter den ukrainischen Regierungschef. Die Sanktionen gegen Russland könnten noch einmal verlängert werden.

Die Kanzlerin stärkte ihrem Gast demonstrativ den Rücken. „Ich glaube an den Reformwillen des Ministerpräsidenten“, sagte Angela Merkel über den ukrainischen Regierungschef Arseni Jazenjuk nach einem Gespräch im Kanzleramt. Zuvor war die CDU-Chefin auf anderslautende Stimmen in ihrer Partei angesprochen worden. Der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann hatte der Führung in Kiew mangelnden Reformwillen und weitgehende Untätigkeit im Kampf gegen Korruption vorgeworfen. Merkel betonte dagegen, die Ukraine habe auf ihrem Reformweg „schon wichtige Schritte geschafft“. Der Kampf gegen Korruption und eine personelle Erneuerung seien „natürlich nicht in wenigen Monaten zu schaffen“. Die Kanzlerin sicherte der Ukraine weitere Unterstützung für den Reformprozess zu.

Anlass für die Reise des ukrainischen Regierungschefs nach Berlin war eine Wirtschaftskonferenz, die auf Initiative beider Regierungen zustande gekommen war. Die Ukraine braucht derzeit dringend ausländische Investoren. Am Rande der Konferenz wurde die Gründung einer deutsch-ukrainischen Industrie- und Handelskammer vereinbart. Die ukrainische Wirtschaft wird nach einer Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) in diesem Jahr um elf Prozent schrumpfen, für 2016 wird mit einem Wachstum von zwei Prozent gerechnet. Der IWF hat in den vergangenen Monaten die Reformanstrengungen der Regierung in Kiew begrüßt. Die Ukraine erhält über vier Jahre IWF-Kredite in Höhe von 17,5 Milliarden Dollar. Finanzministerin Natalia Jaresko hatte zudem mit Investoren einen Schuldenschnitt ausgehandelt, der dem Land etwas Luft verschafft.

Jenseits der diplomatischen Bekundungen gilt der Kampf gegen Korruption als größtes Problem für die ukrainische Führung. Die Justiz ist geprägt vom alten System, dort sitzen dieselben Richter wie früher. „Die sind durch nichts zu beeinflussen außer durch Bargeld“, klagte selbst Jazenjuk im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Alle 9000 Richter müssten ausgetauscht werden, sagte er. Auch der Einfluss der Oligarchen auf die Politik ist nach wie vor groß. Und Präsident Petro Poroschenko, selbst ein Oligarch, hat bis heute seinen Fernsehsender nicht verkauft.

"Ukraine muss wieder Zugang zu ihren Grenzen bekommen"

Merkel machte auch deutlich, dass das Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Ukraine, das am 1. Januar in Kraft tritt, nicht gegen Russland gerichtet sei. „Russland hat kein Vetorecht für unser Abkommen mit der EU“, sagte Jazenjuk. Noch haben sich Kiew und Moskau nicht darauf verständigt, wie ab 2016 die Handelsbeziehungen zwischen ihren Ländern gestaltet werden sollen. „Ich bin der Meinung, bei gutem Willen kann man Ergebnisse erzielen“, sagte die Kanzlerin.

Zur Umsetzung des Minsker Friedensabkommens für die Ostukraine sagte Merkel, Stabilität sei für die Ukraine von größter Bedeutung. Der seit September weitgehend eingehaltene Waffenstillstand reicht dafür aus Sicht der Kanzlerin nicht. „Die Ukraine muss wieder Zugang zu ihren Grenzen bekommen“, forderte Merkel. Erst wenn die Vereinbarung von Minsk vollständig umgesetzt ist, sollen die Sanktionen gegen Russland gelockert werden. „Die Sanktionen sind gekoppelt an das Minsker Abkommen“, bekräftigte Merkel. Wenn sich also dessen Umsetzung verzögert – danach sieht es derzeit aus –, werden die Sanktionen noch einmal verlängert.

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