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Politik: Um jeden Zloty

Vor dem Gipfel in Kopenhagen stellt Beitrittskandidat Polen neue Forderungen. Doch die EU will hart bleiben

Mit einer langen Wunschliste hat Polen die EU-Unterhändler kurz vor dem Kopenhagener Erweiterungsgipfel verstimmt. Während Brüssel vor überzogenen Forderungen warnt, setzt Warschau weiter auf eine harte Verhandlungsstrategie: Vor allem für die heimischen Landwirte hofft Polen zusätzliche Fördergelder aus Brüssel herauszuschlagen.

Einigkeit können die Chef-Diplomaten kurz vor dem Kopenhagener Erweiterungsgipfel allenfalls in ihrer Verstimmtheit demonstrieren. Ein Erfolg beim Gipfel erfordere „guten Willen“ und „Flexibilität“ von allen Seiten, mahnte Polens Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz zu Wochenbeginn von den EU-Mitgliedern mehr Kompromissbereitschaft gegenüber den EU-Anwärtern an: Sonst müssten die Kandidaten von einem „Diktat“ sprechen. Die von ihm überreichte Wunschliste verschlug wiederum den EU-Unterhändlern fast den Atem.

Schon der Umfang der polnischen Nachforderungen mache es schwierig, damit umzugehen, kritisierte der dänische Außenminister Per Stig Möller: „Ich glaube nicht, dass noch Geld zur Verfügung steht.“ Vor einem Scheitern des am Donnerstag beginnenden Gipfeltreffens warnte auch EU-Kommissar Günter Verheugen: „Es soll keiner glauben, dass bei einer Vertagung noch etwas zu gewinnen ist: die Erweiterung muss jetzt passieren." Auf „zehn bis 20“ bezifferte Cimoszewicz die Zahl der polnischen Nachforderungen, die von höheren Milchproduktionsquoten, mehr Subventionen für Futtermais bis zu einer kräftigen Aufstockung der von der EU vorgeschlagenen Direktbeihilfen für Polens Landwirte reichen. „Die Startbedingungen für unsere Landwirte müssen stimmen,“ begründet Premier Leszek Miller die harte Verhandlungsstrategie seiner Regierung.

Seit Beginn des zähen Verhandlungsmarathons hat sich der größte EU-Anwärter für Brüssel auch als der mit Abstand unangenehmste Gesprächspartner profiliert. Hartnäckig wie kein anderer Kandidat forderte Polen Zugeständnisse ein, konnte sich damit auf einigen Feldern bessere Beitrittskonditionen sichern. Zwar hatte Warschau vor dem Endspurt zum Gipfel noch versucht, die Reihen des Kandidatenfelds mit einem gemeinsamen Forderungskatalog zu schließen. Doch die fragile Allianz ist bereits wieder zerbrochen. „Es scheint, als ob wir alleine am Verhandlungstisch zurückbleiben,“ sagt die Zeitung „Rzeczpospolita“ in Kopenhagen ein „Finale“ von Polen gegen die EU-Kommission, Deutschland und Frankreich voraus.

Am Dienstag hat die EU den Streit um die Erweiterungsfinanzierung erst einmal auf den Gipfel vertagt. Und in Sachen Türkei geht Außenminister Joschka Fischer davon aus, dass sich die Debatte über einen Termin für Beitrittsverhandlungen ,,auf der Grundlage der deutsch-französischen Formel bewegen wird.“ Berlin und Paris lehnen zwar ein festes Datum ab, schlagen aber eine ,,Rendezvous mit der Türkei“ vor: Ende 2004 soll die EU prüfen, ob die angekündigten Reformschritte in der Türkei umgesetzt wurden. Tayyip Erdogan, Chef der gemäßigten Fundamentalisten und Sieger der Parlamentswahlen, hatte dies zunächst abgelehnt. Nun signalisiert die Türkei aber, dass man bereit sei, über den Vorschlag zu sprechen, sofern das Rendezvous um ein Jahr vorgezogen werde.

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